Mehr Demokratie und TTIP auf der FairHandels- und SlowFood-Messe

Die diesjährigen Stuttgarter Frühlingsmessen erhielten einen Rekordzulauf. Schätzungen zufolge besuchten 90.000 Menschen die zum Teil sehr unterschiedlichen Messehallen, die alle unter dem Motto "Nachhaltigkeit" vereint waren.

 

von Daniel Davis

 

Auch in diesem Jahr wurden die „Frühlingsmessen“ auf dem Messegelände der Landeshauptstadt veranstaltet und erhielten einen Rekordzulauf. Schätzungen zufolge besuchten 90.000 Menschen die zum Teil sehr unterschiedlichen Messehallen. Unter dem Motto „Nachhaltigkeit“ spielten erwartbare Themen wie Lebensmittel („Markt des guten Geschmacks“) und Zivilgesellschaft („FairHandeln“) eine Rolle aber auch auf den ersten Blick ausgefalleneres wie „YogaWorld“ konnte begutachtet werden.

Zentrale Themen waren "bewusst Leben" und wie fairer Handel gestaltet werden konnte. Eine Vielzahl von Vorträgen und Diskussionsrunden begleitete das Programm, an welchem auch wir von Mehr Demokratie BaWü beteiligt waren. Zum Thema TTIP, welches massive Auswirkungen auf den globalen Handel haben würde, hielten wir zwei Vorträge und betreuten einen Infostand zur EBI-Kampagne („Stopp-TTIP“). Die Auswirkungen von TTIP auf die heimische Politik sowie auf Schwellen- und Entwicklungsländer standen  im Fokus unserer Arbeit.

 

Auswirkungen von TTIP auf die Entwicklungsländer

Besonders relevant ist die Tatsache, dass TTIP immer häufiger als geopolitisches Instrument gepriesen wird. Allen Voran China und Russland sollen wirtschaftlich und politisch in ihrer Macht eingehegt werden. Darüber hinaus sollen die restlichen BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China & Südafrika) vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Das bilateral ausgearbeitet Abkommen solle einen „Goldstandard“ festlegen und in die WTO überführt werden, wo die aufkommenden Schwellenländer sich diesem und seinen Regeln anschließen sollen.

Damit werden bewusst die Interessen von Entwicklungs- und Schwellenländern umgangen. TTIP dient als Instrument, um Druck auf diese Länder auszuüben, sich den Ideen und Werten der westlichen Welt zu beugen. Was uns als „Erhaltung des Wohlstands“ oder als „notwendiges Übel“ verkauft wird, ist in der Realität ein geopolitisches Machtinstrument, um die Vorrangstellung der westlichen Welt und dessen Modell des de-regulierten Marktes global durchzusetzen. Fairer Handel sieht anders aus!

Hinzu kommt eine Verschiebung von Warenströmen aus zweierlei Gründen: verstärkter transatlantischer Handel und Standardsetzung. Ziel ist es den bereits sehr umfangreichen transatlantischen Handel auszuweiten, auf Kosten von Entwicklungsländern. Wenn Zölle abgebaut, Export-/Importquoten abgeschafft und Regulationen angeglichen werden, sinken die Kosten und der Handel zwischen beiden Regionen steigt. Das Nachsehen haben Zulieferer aus anderen Ländern, deren Austausch mit beiden Regionen abnehmen wird.

 

Standards als Schutzmauern

Die gemeinsam gesetzten Standards dienen nebenbei als „Schutzmauern“, die den europäischen und amerikanischen Markt sowie deren Unternehmen schützen. Je nach Ausgestaltung der Standards kommt es zu Verwerfungen, so dass Produzenten aus Entwicklungsländern der Zugang zu beiden Märkten verschlossen bleibt. Entweder können Sie die Standards nicht einhalten oder besitzen nicht die Finanzmittel, um aufwendige Testverfahren zu finanzieren.

Die oft geäußerte Absicht einen „Goldstandard“ lässt vermuten, dass das endgültige Vertragswerk erneute Barrieren für Entwicklungs- und Schwellenländern aufbaut. Nicht ohne Grund beklagen sich viele dieser Länder bei der WTO über die hohen Hürden von Händler und Unternehmen (z. B. Krümmungsgrad oder Länge von Obst/Gemüse)

Mit den Vorträgen sollte eine weitere Sensibilisierung für die Gefahren gegenüber Rechtsstaat und Demokratie durch die Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA erreicht und zugleich die negativen Folgewirkungen für wirtschaftlich aufstrebende Staaten (G-20, BRICS, usw.) aufgezeigt werden.

Wir führten viele spannende Gespräche und es motivierte zu sehen, dass es eine solche Vielzahl von Organisationen und Menschen gibt, die sich für Nachhaltigkeit, fairen Handel und faire Behandlung der Menschen vor Ort einsetzten. In diesem Sinne konnten alle Beteiligten neben den Essens-, Getränke- und Leseproben etwas weiteres mitnehmen – einen enormen Erkenntnisgewinn!