Gemeinderat lehnt auch letzten beiden Bürgerbegehren zu S-21 ab

Es war abzusehen – auch die letzten beiden Bürgerbegehren zu Stuttgart 21 wurden nun vom Gemeinderat abgelehnt. Zuvor gaben die Verwaltung und OB Fritz Kuhn eine gleichlautende Empfehlung ab. Nun müssen sich wohl die Rechtsinstanzen weiter mit beiden Fällen beschäftigen.

von Daniel Davis

Am Donnerstag, den 2. Juli lehnte der Gemeinderat beide Begehren ab. Er folgte damit der Empfehlung der Gemeindeverwaltung, OB Fritz Kuhns und des städtischen Gutachters Professor Christian Kirchberg. Zwar sind beide Begehren verschieden begründet, zielen aber letzten Endes auf eine Kündigung des Finanzierungsvertrages.

 

Das Begehren „Storno-21“ begründet dieses Ziel mit der Kostenexplosion. Die anfänglichen Kosten von 2,46 Milliarden Euro (Mitte der 90er Jahre) stiegen auf zunächst 4,088 Mrd. Euro (Baubeginn 2010) und betragen inzwischen 6,5 Mrd. Euro. Dabei wird der Bahn vorgeworfen, die Kostenexplosion an entscheidenden Momenten verschwiegen zu haben. Das zweite Begehren richtete sich auf eine Kündigung des Finanzierungsvertrages, da der BI zufolge durch den neuen Tiefbahnhof ein „Leistungsrückbau“ stattfinden würde. Die bisherige Kapazität von 39 Zügen in der Stunde, würde durch den neuen Durchgangsbahnhof auf lediglich 32 Züge in der Spitzenstunde herabgesenkt.

 

Der drohende Leistungsrückbau konnte von Gutachter Kirchberg nicht nachvollzogen werden. Die Kritik dahingehend sei „unsubstantiiert, inhaltlich und zeitlich vollkommen unbestimmt und letztlich spekulativ“. Die Kritik sei unzureichend begründet und richte sich daher gegen ein „rechtswidriges Ziel“ (Aufhebung des Finanzierungsvertrages). Auch konnte er nicht nachvollziehen, dass durch S-21 mögliche „Nachteile für das Allgemeinwohl“ entstehen könnten. Grundsätzlich sei ein so geartetes Begehren aber möglich.

 

Der Ausstieg wegen der Kostenexplosion ist Kirchberg zufolge ebenfalls unzulässig, denn die Stadt sei von den anfallenden Kosten nicht über Gebühr betroffen. Bei Überschreiten der Obergrenze, wären lediglich das Land und die Bahn stark betroffen. Mit der vereinbarten „Sprechklausel“ sei lediglich geregelt, dass darüber gesprochen wird, wie die neu anfallenden Kosten auf die Partner verteilt werden, die Stadt sei jedoch nicht verpflichtet unangemessen hohe Mehrkosten zu übernehmen. Tatsächlich ist die Aufteilung der Mehrkosten zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht geregelt, weswegen es auch schwierig ist (die relativ sicher kommenden) Mehrbelastungen schon jetzt anzugehen. Dieser Argumentation folgend, richtet sich das Begehren ebenfalls gegen ein rechtswidriges Ziel (Aufhebung des Finanzierungsvertrages).

 

Bereits im Vorfeld wurde Kritik am Gutachten Kirchbergs laut. AfD-Stadtrat Lothar Maier, ehemals Professor für Verbraucherpolitik an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg, erhebt den Vorwurf das Gutachten sei nicht objektiv, sondern ein Gefälligkeitsgutachten im Sinne des Auftraggebers. S-21-Gegner sprechen Kirchberg die fachliche Qualifikation ab und werfen ihm vor Gerichtsurteile sowie Gutachten falsch zu interpretieren.

 

Die Bürgerinitiative „Storno21“ hat schon angekündigt, diese Entscheidung des Gemeinderates vor Gericht anzufechten.

 

Weiterführende Infos

- PM der Stadt: http://www.stuttgart.de/item/show/273273/1/9/569666

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.stuttgart-21-stadt-stoppt-zwei-s-21-buergerbegehren.7393b5bf-ed49-4a6d-9c6f-44206d419c4c.html