Rekordverdächtige Beteiligung beim Bürgerentscheid in Steinach

Die Bürger/innen in Steinach haben entschieden – am Sonntag, den 21. Juni 2015 stimmten sie mehrheitlich gegen die Ausweitung des interkommunalen Gewerbegebiets. Nicht nur das Quorum wurde geknackt, auch die Wahlbeteiligung war überdurchschnittlich hoch.

von Daniel Davis

Am Sonntag, den 21. Juni, wurde in Steinach über die Erweiterung des interkommunalen Gewerbegebiets („Interkom II“) von Bürgerseite abgestimmt. Der Entscheid wurde von der Bürgerinitiative „Lebenswertes Steinach“ angestoßen. Ihrer Meinung nach sollte eine dermaßen wichtige Frage von der Gemeinschaft entschieden werden. Kritikpunkte waren nicht nur die Größe, sondern auch die Lage. So ist das Gewerbegebiet ausschließlich auf Steinacher Gemarkung verortet, die Gemeinde erhält dagegen nur 40% der Steuereinnahmen.

Bereits innerhalb kurzer Zeit hatte die BI fast das Dreifache der notwendigen Unterschriften zusammengetragen, was auf das hohe Interesse von Seiten der Bürger/innen hindeutete. Die Gemeinde hat das Begehren für zulässig erklärt und dabei die auf dem Unterschriftenblatt formulierte „Kreuzfrage“ beibehalten. Das bedeutet, dass bei einer Ablehnung der Erweiterung des „Interkomm II“ mit Ja gestimmt werden musste, eine gewünschte Erweiterung dagegen musste mit einer „Nein-Stimme“ in die Wege geleitet werden. Bedenken gegenüber der Komplexität der Frage wurden am Wahltag schnell weg gewischt.

 

An diesem wurde die Abstimmungsfrage deutlich im Sinne der Bürgerinitiative beantwortet. Gegen die Erweiterung und somit im Sinne der Initiative stimmten 53,6% der Abstimmenden. Dies entsprach exakt einem Drittel (33,3%) der Wahlberechtigten, sodass das hohe noch geltende Quorum von 25% erreicht wurde. Sogar die Nein-Stimmen haben mit 28,8% das Quorum erfüllt. Somit ist der Bürgerentscheid rechtskräftig, ersetzt den Gemeinderatsbeschluss und ist für die nächsten drei Jahre rechtsgültig.

 

Die hohen Hürden – namentlich das Abstimmungsquorum – konnte bei genauerer Betrachtung nur so leicht überwunden werden, da die Wahlbeteiligung extrem hoch war. Ganze 62,6% der Wahlberechtigten stimmten an diesem Sonntag ab. In der Regel liegt die Wahlbeteiligung bei Bürgerentscheiden um die40% Auch Bürgermeister- und kommunale Wahlen besitzen in der Regel eine geringe Beteiligung der Bürger/innen von 35-40%. Je niedriger jedoch die Beteiligung desto schwieriger die Überwindung des Quorums, dass sich ja nicht an der Zahl der Abstimmenden bemisst, sondern verlangt, dass 25 % Wahlberechtigten zustimmen muss.

 

Vor dem Hintergrund dieser Tatsache erscheint die Argumentation für Quoren von Seiten der kommunalen Politik etwas scheinheilig. Durch Quoren solle verhindert werden, dass eine Minderheit politisch über eine Mehrheit entscheidet und damit eine mangelnde Legitimation besteht. Bei der eigenen Wahl zur Bürgermeister/in müsste dann aber dieses Argument genau so gelten! Und hier wird nicht nur eine Sachentscheidung gefällt, sondern ein Amtsträger auf 8 Jahre gewählt, der unzählige Sachentscheidungen maßgeblich beeinflussen kann. Zudem können diejenigen Bürger/innen, die nicht an einem Bürgerentscheid teilnehmen, nicht einfach dem ablehnenden oder dem zustimmenden Lager zugerechnet werden. Es gibt vielfältige Gründe für deren Abwesenheit: das Thema besitzt für sie keine Relevanz, sie fühlen sich inhaltlich nicht ausreichend informiert, um eine fundierte Wahl zu treffen oder sind zeitlich ganz einfach nicht in der Lage, am Abstimmungstermin teilzunehmen. Am logischsten wäre es daher, wenn wir bei Wahlen auch die Entscheidung umgesetzt wird, die von den Abstimmenden an der Urne getroffen wurde, ein Quorum ist nicht notwendig.

 

Solange die Quoren jedoch nur abgesenkt werden (wie es in der derzeit laufenden Reform geplant ist), ist es daher nur fair gegenüber der Initiative, dass die Abstimmungen in Zukunft wenn möglich mit Wahlterminen zusammengelegt werden, um eine möglichst hohe Beteiligung zu erreichen und damit das aufwendige Engagement von Bürger/innen nicht an einem willkürlich gewählten Quorum scheitern zu lassen. Die derzeit geplanten Reformen der direkten Demokratie in BaWü sind neben der Senkung der Quoren und vielen anderen Erleichterungen für die Bürger/innen von besonderer Wichtigkeit, damit Bürgerentscheide in Zukunft einfacher werden und öfter stattfinden!