Abgeordnete großer Parteien wollen über Wahlrecht Eigeninteressen sichern- Initiative in Hamburg unterstützen!

Das Wahlrecht erweist sich immer als besonders harter Brocken, auf dem Weg mehr Mitbestimmung durch die BürgerInnen umzusetzen. Denn ganz klar: Die Parteien, die jetzt an der Macht sind, haben wenig Interesse daran die Spielregeln, mit denen sie zu ihren Posten kamen, dem Einfluss der BürgerInnen zu öffnen, und dadurch ihre eigene Wiederwahl unsicherer werden zu lassen. Wie unverhohlen sie ihre eigenen Interessen schützen, wird an folgenden Beispielen deutlich.

 

 

Auf Bundesebene hat das Bundesverfassungsgericht 2008 das seit 1957 geltende Wahlrecht zum Bundestag für verfassungswidrig erklärt. Darauf wurde ein Neues verabschiedet, was die Probleme (negatives Stimmgewicht, Überhangmandate ectc.) noch verschlimmerte und erst nach einer weiteren Beschwerde von Mehr Demokratie e.V. und anderen, haben die Parteien es fertiggebracht kurz vor der Wahl 2013 die angeprangerten Mängel zu beseitigen. Mehr zum neuen Wahlrecht.

Derzeit läuft eine weitere Verfassungsbeschwerde von uns gegen die Wiedereinführung einer 3%-Klausel bei den Europawahlen. Das Verfassungsgericht hatte 2011 die 5-Prozent-Klausel für verfassungswidrig erklärt, und zwar mit einer allgemeinen Begründung, die jeglicher Hürde bei der Europawahl entgegen spricht. Aus der Sicht des Gerichts ist nicht nachzuweisen, inwiefern das Europäische Parlament in seiner Arbeitsweise behindert werde, wenn es aus einer unbeschränkten Anzahl an Parteien und Kleinstparteien besteht. Denn anders als zum Beispiel der Bundestag müsse das EU-Parlament keine Regierung bilden, die sich dann auf stabile Mehrheiten stützen können muss, um handlungsfähig zu sein. Wenn es keinen hinreichend Grund gäbe, dürften Parteien im politischen Wettbewerb nicht durch die Einführung einer solchen Klausel benachteiligt werden.

Für die Demokratie ist eine dynamische Parteienlandschaft eine wichtige Voraussetzung: Änderungen im politischen Meinungsspektrum müssen zeitnah abgebildet werden. An der fairen Chance bei Wahlen hängt dann nicht nur die Parteien-Finanzierung, sondern auch die Möglichkeit durch Arbeit im Parlament Positionen weiter sichtbar zu machen. Das sind entscheidende Kriterien, um sich als kleine Partei zu bewähren und zur demokratischen Willensbildung beizutragen.

Da schockiert es dann doch, dass mit den Stimmen der CDU, SPD, FDP und der Grünen 2013 die Einführung einer 3-Prozent-Klausel beschlossen wurde. Unsere Beschwerde dagegen wird derzeit vor dem Verfassungsgericht behandelt und es soll Ende Februar noch vor der Europawahl am 25. Mai eine Entscheidung geben. Weitere Infos.

Auch hier in Baden-Württemberg verliefen die Diskussionen um die Einführung einer zweiten Listenstimme für die Landtagswahl, mit der eine Geschlechter-Quotierung möglich geworden wäre, im Sand. Und dass, obwohl Parteitage sowohl der SPD als auch der Grünen, sich vehement dafür ausgesprochen hatten. Bei den grünen und roten Fraktionen im Landtag gab es anscheinend keine durchschlagenden Mehrheiten für diese Erweiterung der Wahlmöglichkeiten kombiniert mit einer Stärkung der Präsenz von Frauen im Landesparlament.

Aktuell kämpft Mehr Demokratie in Hamburg gegen die Wiedereinführung einer Klausel für die Wahlen zur Hamburger Bezirksversammlung. Auch hier haben sich CDU, SPD und Grüne über den Urteilsspruch des Hamburger Verfassungsgerichts hinweggesetzt und 3 Prozent als Hürde in der Verfassung festgeschrieben.

Mithilfe der Anwendung des ersten fakultativen Referendums* in Deutschland, könnte das Bündnis „faires Wahlrecht“ erreichen, dass das Gesetz den Hamburger Bürgerinnen und Bürgern zu Abstimmung vorgelegt wird. Dafür müssen bis zum 17. März 40.000 Unterschriften gesammelt werden.

Helferinnen und Helfer werden dringend gesucht! Ein Coaching zum Sammeln erhält man vor Ort und für Unterkunft wird im Sammlercamp gesorgt.

Alle weiteren Informationen finden Sie hier.

 

*Was ist ein fakultatives Referendum? Mit einem fakultativen Referendum ist es möglich ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz, durch Volksabstimmung auf seine Mehrheitsfähigkeit überprüfen zu lassen. In der Regel müssen dafür weniger Unterschriften gesammelt werden als für ein volksbegehrtes Volksbegehren, dafür ist der Sammelzeitraum kürzer. Generell wird unterschieden zwischen:

- volksbegehrten Referenden (Initiative geht vom Volk aus)

- fakultativen Referenden (direkt nach Parlamentsbeschlüssen)

- obligatorischen Referenden (in der Verfassung wird definiert, in welchen Fällen zwingend eine Volksabstimmung stattfinden muss, zum Beispiel bei Souveränitätsabgabe an die EU).