Mit etwas Hilfe von ganz Oben!

Bericht über Aktions-Urlaub in Schleswig-Holstein von Sarah Händel

Noch nicht lange dabei beim Mehr Demokratie-Team in Stuttgart wurde ich letzte Woche an einen anderen Landesverband „ausgeliehen“ um meinen ersten Aktions-Urlaub zu erleben. Eine Woche lang sollte ich in Schleswig-Holstein mit anderen Mehr Demokratie Aktiven das Basis-Camp in Elmshorn beziehen. Von dort sind wir täglich losgezogen, um uns langsam aber sich der magischen Zahl anzunähern: zweimal 20.000! Dies ist die Zahl der Unterschriften, die nötig sind die angestrebten 2 Volksbegehren, eines zur Verbesserung der direktdemokratischen Verfahren in Schleswig-Holstein und das andere zur Einbringung in den Bundesrat mit dem Ziel die bundesweite Volksabstimmung im GG zu verankern, zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Drei vorherige Camps hatten schon einen recht soliden Grundstock an Unterschriften zusammengetragen und mit auf unserer Seite war während dieser letzten Tage des Sammelns das wirkungsvolle Argument: „Nur noch wenige Tage haben wir Zeit die nötigen Unterschriften zusammenzutragen, unterstützen Sie jetzt unseren Einsatz für mehr Demokratie und Bürgerbeteiligung in Schleswig-Holstein und der gesamten Bundesrepublik!“ Das nahe Ende zeigte bei einigen Angesprochenen seine Wirkung, viele der von uns gefragten Bürger Schleswig-Holsteins verspürten jedoch überhaupt keinen Zeitdruck, denn das Wetter zeigte sich für die nördlichen Gefilde, in denen wir unterwegs waren von seiner allerbesten Seite. Viele Menschen genossen schlendernd die wunderschöne Herbstwoche unter strahlender Sonne und blauem Himmel. So nahmen sich so einige Angesprochene die Zeit sich auf längere Diskussionen einzulassen und sowohl unsere Motivation als auch die Qualität unserer Argumente ausführlich auf den Prüfstand zu stellen. Es war toll und sehr lehrreich auf der Straße zu stehen und hautnah mitzubekommen, welche Gedanken sich die Menschen über unsere Demokratie und ihren momentanen Zustand machen. Es ist nicht abzustreiten, dass manche Aussagen etwas schockieren. Etwa wenn das tiefe Misstrauen deutlich wird, dass viele Menschen ihren Mitmenschen gegenüber haben, wenn sie sagen, dass mehr Demokratie sehr schnell zu negativen Entscheidungen führen wird, wie etwa einem Minarettverbot, die Wiedereinführung der Todesstrafe oder anderen Gesetzen, die sich gegen unsere ausländischen Mitbürger richten. Andere hingegen greifen unsere Forderung nach mehr Bürgerbeteiligung sofort auf, erzählen mir von ihren eigenen Erfahrungen und wollen teilweise sehr im Detail erfahren, warum wir denn so überzeugt sind, dass mehr Bürgerbeteiligung tatsächlich einen wirkungsvollen Beitrag zur Lösung aktueller Problematiken und der Verbesserung der politischen Prozesse leisten kann. Die Diskussionen mit dem Menschen haben mir gezeigt wie wichtig es ist Aufklärungsarbeit zur direkten Demokratie zu leisten, denn gewisse Unsicherheiten sind noch immer weit verbreitet. Dabei können wir das immense Potenzial solcher Bürgerbeteiligungsprozesse verdeutlichen. Der letzte Tag unsere Unterschriftensammlung stand dann anscheinend unter einem besonders guten Stern: auf dem Kieler Marktplatz treffen wir zwei liebreizende Engel. Sie sind sofort bereit unsere Volksinitiativen mit einer Unterschrift zu unterstützen. Und siehe da, am Abend wird das Endergebnis unsere Sammelaktion verkündet: mit ein klein wenig Unterstützung von ganz Oben haben wir es geschafft, zwei mal 25.000 Unterschriften zu sammeln. Diese konnten am Dienstag den 4. Oktober im Kieler Landtag eingereicht werden. Zu den Volksinitiativen gibt es hier [mehr] Informationen.

„Wir holen unser Wahlrecht zurück“

Bericht über einen Aktionsurlaub vom 06.02.-12.02.2009 in Hamburg, von Hannah Kreisz

Drei Wochen dauerte das Volksbegehren „für ein faires Wahlrecht“. Es enthielt die Forderung nach einem modernen Wahlrecht, das ähnlich wie in Baden-Württemberg, Elemente wie Kumulieren und Panaschieren enthält und den Hamburger Bürgern mehr Einfluss auf die personelle Zusammensetzung des Bezirksrats und der Bürgerschaft verleihen soll. Beim Unterschriften sammeln kamen immer wieder kamen Hamburger Bürger auf die Aktionsurlauber zu und bedankten sich für deren Einsatz trotz Regens, Schnee und Kälte. Die vielen positiven Rückmeldungen zeigten deutlich den großen Rückhalt des Volksbegehren in der Bevölkerung.

Unter diesen Umständen legte ich meine anfängliche Zurückhaltung schnell ab, als ich am Samstag Morgen zum ersten Mal, mit Lena aus Siegen, los zog Unterschriften zu sammeln. Wir waren in Barmbek in einer Einkaufsstraße unterwegs. Die Menschen hier waren offen und nach einer halben Stunde kam ich mir mit Sandwich (siehe Bild)und Kladde nicht mehr seltsam vor, die Menschen anzusprechen. Es klappte besser und die Zahl der Unterschreibenden stieg stetig an. Lena schaffte es an diesem Tag nicht ihr Ziel zu erreichen, den Tagesrekord von ca. 250 Unterschriften zu knacken. An ihrem Beispiel konnte man sehen, wie man erfolgreich Charme gepaart mit etwas Dreistigkeit einsetzen kann.

Beim direkten Dialog mit den Bürgern in Form unzähliger Diskussionen über das Wahlrecht, sowie über Volksbegehren und Volksentscheide handelt es sich um einen wichtigen Lernprozess, der in Hamburg auf Grund langjähriger Erfahrungen schon weit fortgeschritten ist. Im Vergleich dazu ist Wissen über direkte Demokratie in Baden-Württemberg in der Bevölkerung auf Grund mangelnder Praxis kaum vorhanden. Schöne Moment erlebte ich mit Menschen, die trotz eigener Aussage „Ich bin Nichtwähler!“ stehen blieben und ich sie anschließend, trotz sonstiger Resignation, überzeugen konnte, dass direkte Demokratie einen Gegenpol darstellt zu „Politikern die eh machen was sie wollen“.
Nach den langen Tagen trafen sich abends die 30-50 Aktionsurlauber im Instant-Sleep Hostel, dem Hauptquartier der Kampagne. Mit dabei waren zahlreiche Aktive aus Baden-Württemberg von Lörrach über Pforzheim bis Backnang. Viele interessante Gespräche mit unterschiedlichen Leuten auf der Straße und abends in gemütlicher Runde im Hostel, hinterließen einen tiefen Eindruck. Jeden Abend fiel ich zwar todmüde aber glücklich, nach ein paar Versuchen meine nicht vorhandenen Kicker-Spielfähigkeiten auszubauen, ins Bett.

Am Sonntag vor dem Stadion des FC St. Pauli zeigte sich, dass nicht jeder Sammler alle Zielgruppen anspricht. Die Fußballfans waren definitiv nicht meine Zielgruppe weshalb ich mit einer Gruppe von Sammlern bei schönem Wetter weiter zum Elbstrand nach Övelgönne zog. Die Sonntags-Spaziergänger hier erwiesen sich als entspannter und unterschrieben gerne, bis mit einem plötzlichen Hagelschauer dieser Sammeltag endete.

Am letzten Tag des Volksbegehrens schien es noch richtig knapp zu werden, würden wir es noch schaffen die erforderliche Anzahl von ca. 62 000 Unterschriften und einen zusätzlichen Puffer für ungültige Stimmen zu sammeln? Viele Leute waren froh in letzter Minute noch unterschreiben zu können. Die letzten Sammler kamen an diesem Donnerstag Abend erst gegen 23 Uhr zurück und da war es dann klar, dass das Volksbegehren erfolgreich war. Innerhalb des letzten Tages kamen über 10.000 Unterschriften zustande! Die anschließende Party mit Life-Musik feierte dies gebührend, während die noch reinkommenden Unterschriftsbögen gezählt und gestempelt wurden.

Am Freitag morgen stapften wir durch 15cm hohen Neuschnee und Schneetreiben auf dem Weg ins Landeswahlamt zur Unterschriftenübergabe. Dort stieg die Spannung dann nochmal an : Ein Auto, das mit vier Ordnern mit ca. 8000 Unterschriften auf dem Weg zum Amt unterwegs war hatte eine viertel Stunde vor Abgabeende noch Schwierigkeiten das versteckt liegende Landeswahlamt zu finden. Bis zur letzten Minute wurden im Amt noch die am Morgen eingegangenen letzten Listen gestempelt und schließlich 76.086 Unterschriften übergeben.

Volksinitiativen in Schleswig-Holstein

Hier finden Sie mehr [ Informationen ] zu den Volksinitiativen in Schleswig-Holstein


Mehr Informationen

Nähere Informationen zum Volksbegehren in Hamburg finden Sie auf der Website des Bundesverbandes und auf der Kampagnenseite des Hamburger LV.