Bietigheim-Bissingen

Gegen die Ansiedlung einer Biogut-Vergärungsanlage

 

Träger: Bürgerinitiative „Weder Bio noch Gut“

Status: Begehren eingereicht am 10.03.2016 / Entscheid im Sinne des Begehrens am 17.07.2016

Kurz & knapp:

Im Dezember beschloss der Gemeinderat der Stadt Bietigheim-Bissingen im ehemaligen Steinbruch Fink eine Biogut-Vergärungsanlage anzusiedeln. Die Bürgerinitiative „Weder Bio noch Gut“ möchte durch ein Bürgerbegehren dagegen vorgehen. Ziel ist, dass die Bürger/innen letzten Endes über die Frage entscheiden und – aus Sicht der Initiative – im besten Fall dagegen votieren.

Ende Januar kündige die BI an, Unterschriften für ihr Vorhaben zu sammeln. Sie könnte damit die erste BI des Landes sein, die versucht ein Vorhaben des Gemeinderats zu kippen, und dabei auf die Bauleitplanung abzielt. Erst mit der Reform der Gemeindeordnung vom 1. Dezember 2015 ist es für Bürger/innen in Baden-Württemberg möglich, Bürgerbegehren zur Bauleitplanung einzuleiten. Als Ziel berechtigt, ist jedoch nur der Aufstellungs- bzw. der verfahrenseinleitende Beschluss. Alle anderen Schritte innerhalb der Bauleitplanung sind weiterhin tabu für Bürgerbegehren und –entscheide.

Die Initiative befürchtet von der Ansiedlung eine Zunahme von Lärm und Gestank, des Schwerlastverkehrs und kritisiert das Projekt am geplanten Standort aus energetischen Gesichtspunkten. Besonders stört die BI der Standort, an dem die Anlage gebaut werden soll – der ehemalige Steinbruch Fink. Der Gemeinderat hat am 15. Dezember für den Bau der Biogutvergärungsanlage votiert. Es gab sieben Gegenstimmen und eine Enthaltung.

Der Gemeinderat und das Betreiberkonsortium sehen die Biogasanlage als Beitrag zur "Energiewende". Damit sich die Anlage wirtschaftlich rentiert, müssen jährlich ca. 40.000 Tonnen Biomüll vergoren werden. Da der Landkreis Ludwigsburg jedoch nur 22.000 per annum produziert, braucht er zusätzlichen Biomüll. Der Gemeinderat in Karlsruhe hat bereits zugesagt, dass er seine 17.000 Tonnen Biomüll nach Bietigheim-Bissingen liefern würde, falls die Anlage gebaut wird. Mit der Ansiedlung erwarten die Gemeinderäte, Bietigheims zudem erhöhte Steuereinnahmen.

Die BI muss bis zum 7. März die geforderten 7% aller Wahlberechtigten zur Unterzeichnung bewegen können, um ein Bürgerbegehren einzuleiten. Hilfe bekommt sie dabei inzwischen auch von der CDU, die die Initiative bei der Sammlung unterstützen will. Auch die Stadträte unterstützen das Ansinnen, die Bürger/innen über den Stadort am Steinbruch entscheiden zu lassen. Sie möchten daher an den Wahlkampfständen Listen auslegen lassen.

Am 10. März 2016 übergab die Bürgerinitiative ihre gesammelten Unterschriften an Bürgermeister Jürgen Kessing. Die BI hat sage und schreibe 7.899 Unterschriften zusammen bekommen, was knapp 23% aller Wahlberechtigten Bietigheim-Bissingens entspricht. Damit ist das Quorum um ein Vielfaches überschritten. Erstaunt zeigte sich dann auch Kessing, der nicht mit einer so großen Zahl von Unterzeichnern gerechnet hätte.

Am 10. Mai stimmte der Gemeinderat für die Zulassung des Bürgerbegehrens und damit für einen Bürgerentscheid. Fast einstimmig, mit nur zwei Gegenstimmen, entschied sich der Gemeinderat aber nicht für ein Kassieren des Aufstellungsbeschlusses. Dies war von der BI gewünscht worden. Besonders trickreich ist die Fragestellung. In ihr kommt das Wort Biogutvergärungsanlage gar nicht vor, es ist lediglich von einem Aufstellen des Bebauungsplans für den Steinbruch die Rede. Zudem müssen diejenigen, die die Biogutvergärungsanlage ablehnen, mit "Ja" stimmen. Ein "Nein" dagegen gilt als Zustimmung für den Bau der Anlage. Am 17. Juli stimmen sie über folgende Sachfrage ab:

"Sind Sie gegen die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gelände des Steinbruchs nördlich der Kayhstraße in Bietigheim-Bissingen?"

 

 

Ergebnisse des Bürgerentscheids:

Wahlberechtigte: 34.475 Bürger/innen

Abstimmungsbeteiligung: 45,26% (15.679 Stimmen - davon gültig: 15.654)

Ja-Stimmen: 12.605 (80.52% der Abstimmenden = 36,38% der Wahlberechtigten)

Nein-Stimmen: 3.049 (19,48% = 8,80%)

Das 20%-Quorum lag bei: 6.895 Stimmen

Die Abstimmungsbeteiligung in Bietigheim-Bissingen lag etwas über dem (noch) üblichen Durchschnitt für Bürgerentscheide. Von den Abstimmenden sprachen sich eine überwältigenden Mehrheit gegen die Aufstellung eines Bebauungsplanes und damit gegen die Biogutvergärungsanlage aus. Da es keinen alternativen Standort gibt, ist das Projekt - zumindest für die nächsten drei Jahre - gescheitert. Auch nach Ablauf dieser Frist sollte es keinen weiteren Versuch geben, ohne dass die Bürger/innen einbezogen werden. Das Abstimmungsergebnis ist dafür eine zu eindringliche Mahnung.

 

 

Weiterführende Informationen:

Seite der BI:www.weder-bio-noch-gut.de