Gesetzentwurf zur Erleichterung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden

Der Gesetzentwurf auf einen Blick:

Mit * versehene Punkte waren bereits im Gesetzentwurf 2005 so enthalten.

  • Für ein Ratsrefendum soll eine einfache Mehrheit im Gemeinderat genügen (bisher: 2/3-Mehrheit)

  • „Bedeutsame kommunalpolitische Weichenstellungen“ sollen einem Bürgerentscheid unterstellt werden

  • Gemeinden werden ermächtigt, in ihrer Hauptsatzung Fallgruppen für obligatorische Bürgerentscheide festzulegen

  • *Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte werden als Gegenstand von Bürgerentscheiden zulässig

  • Die Haushaltssatzung ist nur noch „als Ganzes“ nicht bürgerentscheidsfähig.

  • *„Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften“ werden nach dem Vorbild Bayerns aus dem Ausschlusskatalog gestrichen

  •  Beim Begehren sollen alle Einwohner ab dem 14. Lebensjahr unterschreiben dürfen (deshalb neu: „Einwohnerbegehren“)
  • Auf eine Begründung als Zulässigkeitsvoraussetzung wird verzichtet
  • Die Ausformulierung der genauen Abstimmungsfrage wird zu einer „Soll“-Vorschrift, d.h. daran kann die Zulässigkeit nicht mehr scheitern
  • *Die Einreichungsfrist für Begehren gegen Gemeinderatsbeschlüsse entfällt
  • Der Kostendeckungsvorschlag als Zulässigkeitsvoraussetzung entfällt
  • *Die Wiederholungssperre (bisher 3 Jahre) wird gestrichen, es kann also jederzeit ein neuer Bürgerentscheid stattfinden
  • „Zwei oder drei“ Vertrauensleute; nicht mehr ersatzweise die ersten Personen auf der Unterschriftenliste
  • *Anspruch auf Auskunft und Beratung
  • *Unterschriftenquorum wird einheitlich von 10% auf 7% gesenkt
  • Die Obergrenze der Unterschriftenzahl wird auf 10.000 festgesetzt (derzeit: 20.000; 2005: 15.000)
  • Nachreichen von Unterschriften ermöglicht
  • Schutzwirkung für 1 Monat nach Einreichung der ersten Hälfte der Unterschriften, sowie ab vollständiger Einreichung bis zum Bürgerentscheid bzw. bis zur rechtskräftigen Feststellung der Unzulässigkeit
  • *Gemeinderat muss binnen 6 Wochen über Zulässigkeit entscheiden
  • Widerspruch bei Aufsichtsbehörde kostenfrei
  • Nach Zulässigkeitsbeschluss muss Bürgerentscheid binnen 6 Monaten durchgeführt werden (derzeit: keine Frist; Gesetzentwurf 2005: 3 Monate), Verschiebung im Einvernehmen mit Vertrauensleuten möglich
  • *Alternativvorlage des Gemeinderats möglich
  • *Zusammenlegung mit Wahlen als Soll-Regelung
  • *Rückzugsmöglichkeit bei Teilerfolg
  • *Gleichberechtigte Information Pro und Contra in den Materialien und Verantsaltungen der Gemeinde
  • Einwohnerversammlung als Informationsveranstaltung
  • Beim Bürgerentscheid wird das Zustimmungsquorum entweder ganz gestrichen (falls auch die Bindungsfrist gestrichen wird) oder ein Zustimmungsquorum eingeführt ähnlich wie in Schleswig-Holstein und Thüringen gestaffelt nach Einwohnerzahl/Bürgeranzahl von 10-20 % eingeführt (falls eine Bindungsfrist erhalten bleibt); = zwei alternative Vorschläge an die Regierung
  • *bei mehreren Vorlagen mehrfaches Stimmrecht und Stichfrage
  • *Bürgerentscheide in Ortschaften und Bezirken
  • Der Bürgerscheid muss nicht mehr die Wirkung eines „endgültigen“ Gemeinderatsbeschlusses haben; Richtungsentscheide mit der Notwendigkeit weiterer Gemeinderatsbeschlüsse zur Präzisierung werden dadurch möglich
  • Streichung der dreijährigen Bindungsfrist, weil oft als Verfallsdatum missverstanden und um anderseits bei veränderter Sachlage abweichende Gemeinderatsbeschlüße zu ermöglichen.
  • *Einführung des Instruments auch auf der Ebene von Landkreisen
  • Einführung des Instruments auf der Ebene der Regionen

 

 

Der Gesetzentwurf mit Erläuterungen:

§ 21 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg soll folgende Fassung erhalten:

§ 21 Einwohnerbegehren und Bürgerentscheid

(1) Der Gemeinderat kann beschließen, dass eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde,für die der Gemeinderat zuständig ist, der Entscheidung der Bürger unterstellt wird (Bürgerentscheid). Bei bedeutsamen kommunalpolitischen Weichenstellungen soll die Gemeinde hiervon Gebrauch  machen. Die Gemeinde kann in ihrer Hauptsatzung regeln, unter welchen Voraussetzungen obligatorisch ein Bürgerentscheid stattfindet.

Erläuterung: Nach dem Vorbild Bayerns soll der Gemeinderat mit einfacher Mehrheit beschließen können, einen Bürgerentscheid durchzuführen. Das bisherige Erfordernis einer Zwei-Drittel-Mehrheit aller Gemeinderatsmitglieder wird gestrichen.

Bedeutsame kommunalpolitische Weichenstellungen“ sollen obligatorisch einem Bürgerentscheid unterzogen werden, wozu die Gemeinden eine Ermächtigung erhalten, in ihrer Hauptsatzung entsprechende Fallgruppen für obligatorische Bürgerentscheide festzulegen.

(2) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über:

  1. Weisungsaufgaben und Angelegenheiten, die kraft Gesetzes dem Bürgermeister obliegen,
  2. Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung,
  3. die Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der
  4. Gemeindebediensteten,
  5. die Haushaltssatzung als Ganzes einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe,
  6. die Feststellung der Jahresrechnung der Gemeinde und der Jahresabschlüsse der
  7. Eigenbetriebe,
  8. Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren.

Erläuterung: Nach dem Vorbild der Regelungen in Bayern werden aus dem Ausschlusskatalog die Themenkreise „Kommunalabgaben,Tarife und Entgelte“ sowie „Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften“ gestrichen. Bürgerentscheide, die solche Fragen mit betreffen, werden damit im Unterschied zu bisher möglich.

Außerdem wird das Wort „Haushaltssatzung“ um die Wörter „als Ganzes“ ergänzt. Damit ist klargestellt, dass nicht schon jede finanzwirksame Maßnahme unter diesen Ausschlusstatbestand fällt.

(3) Über eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, ausgenommen die in Abs. 2 genannten Gegenstände, können alle Einwohner ab dem 14. Lebensjahr einen Bürgerentscheid beantragen (Einwohnerbegehren). Das Einwohnerbegehren muss schriftlich eingereicht werden. Es soll die zur Entscheidung zu bringende Frage enthalten. Die Gemeindeverwaltung erteilt sachdienliche Auskünfte und berät auf Wunsch bei der Ausarbeitung des Einwohnerbegehrens.

Erläuterung: Unabhängig von der Staatsbürgerschaft sollen alle Einwohner der Gemeinde ab dem 14. Lebensjahr antragsberechtigt und damit unterschriftsberechtigt sein, denn alle Einwohner können von Projekten und Maßnahmen der Gemeinde betroffen sein.

Das bisherige Erfordernis einer Begründung wird gestrichen, weil es auf einem Missverständnis beruht. Mit dem Einwohnerbegehren legt sich noch kein Unterstützer in der Sachfrage fest, sondern beantragt lediglich einen Bürgerentscheid, weil er die Angelegenheit für wichtig hält. Für diese Einschätzung sollte sich niemand rechtfertigen müssen. Begehren sollen nicht mehr wegen angeblicher Mängel in der Begründung abgewiesen werden können.

Die genaue Formulierung der Frage, über die beim Bürgerentscheid abgestimmt werden soll, wird für das Einwohnerbegehren zu einer „Soll“-Bestimmung abgemildert. Einerseits werden die Antragsteller dadurch angehalten, die Fragestellung, zu der sie einen Bürgerentscheid wünschen, selbst zu formulieren. Andererseits soll eine die Sach- und Beschlusslage nicht präzis treffende oder gar fehlende Fragestellung (z.B. wenn nur der Gegenstand des erwünschten Bürgerentscheids benannt wird, aber noch ohne ausformulierte Frage) nicht zur Unzulässigkeit des Einwohnerbegehrens führen.

Nach dem Vorbild Bayerns entfällt die bisherige Einreichungsfrist für Begehren, die im Widerspruch zu einem Gemeinderatsbeschluss stehen. Solange der Gemeinderat frühere Entscheidungen ggf. noch revidieren kann, sollte dies auch durch einen Bürgerentscheid möglich sein, denn Gemeinderatsbeschlüsse und Beschlüsse durch Bürgerentscheid sind prinzipiell gleichrangig. Besonderer Fristen bedarf es dazu nicht. Auch die sog. „Wiederholungssperre“ entfällt: Ein Einwohnerbegehren soll jederzeit möglich sein.

Nach bayerischem Vorbild gestrichen wird auch die Klausel des sog. „Kostendeckungsvorschlags“. Unstrittig ist, dass sich bei Bürgerentscheiden alle Beteiligten auch zu den Kostenfolgen und deren möglicher Deckung äußern sollen. Dies geschieht bislang auch ohne Ausnahme und ganz automatisch im Rahmen der öffentlichen Kontroverse und in den Informationsmaterialien der verschiedenen Beteiligten vor jedem Bürgerentscheid, denn finanzielle Gesichtspunkte sind immer ein wichtiges Argument. Oftmals ergeben sich erst im Rahmen dieser öffentlichen Kontroverse neue Informationen, die zu einer fundierten Beurteilungsmöglichkeit der Kostenfrage führen und die zu Beginn des vorausgehenden Begehrens noch gar nicht vorlagen. Die Entscheidung fällt erst beim Bürgerentscheid, nicht beim Einwohnerbegehren. Es ist deshalb nicht sinnvoll, einen „Kostendeckungs-vorschlag“ bereits beim Einwohnerbegehren zu verlangen, zumal die Einwohner zu diesem Zeitpunkt in aller Regel die genauen Kostenfolgen noch gar nicht abschätzen können und für einen Deckungsvorschlag intimen Einblick in die Haushaltslage der Gemeinde bräuchten, den sie in aller Regel nicht haben.

(4) Das Einwohnerbegehren muss von mindestens 7 vom Hundert der unterzeichnungsberechtigen Einwohner, höchstens jedoch von 10.000, unterzeichnet sein. § 3a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes findet keine Anwendung. Es sind zwei oder drei Vertrauensleute mit Namen und Anschriften zu benennen. Teilmengen von Unterschriften können jederzeit eingereicht werden und sind unverzüglich durch die Gemeinde zu prüfen. Ergibt die Unterschriftenprüfung, dass die Zahl der gültigen Unterschriften noch nicht ausreicht, können weitere Unterschriften nachgereicht werden.

Erläuterung: Das Unterschriftenquorum wird für alle Gemeinden auf 7 % gesenkt und auf maximal 10.000 Unterschriften gedeckelt. Die Zahl der Vertrauensleute wird festgelegt. Gemeinden werden zur unverzüglichen Unterschriftenprüfung verpflichtet. Weitere Unterschriften können nachgereicht werden.

(5) Nach Abgabe der Hälfte der in Absatz 4 geforderten Unterschriften bei der Gemeinde darf für einen Zeitraum von einem Monat eine dem Begehren entgegenstehende Entscheidung der Gemeindeorgane nicht mehr getroffen oder mit dem Vollzug einer solchen begonnen werden, es sei denn, zum Zeitpunkt der Abgabe haben rechtliche Verpflichtungen der Gemeinde hierzu bestanden.
Diese Rechtswirkung gilt auch vom Zeitpunkt der Einreichung des Einwohnerbegehrens bis zur Durchführung des Bürgerentscheids bzw. bis zur rechtskräftigen Feststellung der Unzulässigkeit des Einwohnerbegehrens. Über die Zulässigkeit eines Einwohnerbegehrens entscheidet der Gemeinderat unverzüglich, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach Eingang des Antrags. Gegen eine verweigerte Zulassung eines Einwohnerbegehrens kann jeder Unterzeichner den Verwaltungsrechtsweg beschreiten. Über den Widerspruch im Vorverfahren entscheidet die Rechtsaufsichtsbehörde kostenfrei.

Erläuterung: Um übereiltes Handeln von Gemeinden während eines laufenden Bürgerbegehrens auszuschließen, wird eine Schutzwirkung eingeführt. Es wird dadurch für Gemeinden unmöglich, während eines laufenden Verfahrens „vollendete Tatsachen“ zu schaffen. Der Gemeinderat muss über die Zulässigkeit eines Begehrens binnen sechs Wochen entscheiden. Gegen eine verweigerte Zulassung kann bei der Aufsichtsbehörde kostenfrei Widerspruch eingelegt werden.

(6) Innerhalb von sechs Monaten nach Feststellung der Zulässigkeit des Einwohnerbegehrens ist der Bürgerentscheid durchzuführen, es sei denn, die Vertrauensleute des Einwohnerbegehrens stimmen einer Verschiebung zu. Der Gemeinderat kann beschließen, dabei den Stimmberechtigten zum Gegenstand des Einwohnerbegehrens eine eigene Fragestellung mit vorzulegen (Alternativvorlage).
Bürgerentscheide sollen mit anderen Abstimmungen und Wahlen zusammengelegt werden, sofern es die Fristeinhaltung zulässt. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Einwohnerbegehren verlangten Maßnahme beschließt. Der Bürgerentscheid entfällt auch, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Einwohnerbegehren verlangten Maßnahme in wesentlichen Teilen beschließt und die Vertrauensleute des Einwohnerbegehrens dem zustimmen.

Erläuterung:Gemeinden werden verpflichtet, einen zulässigen Bürgerentscheid binnen sechs Monaten durchzuführen. Der Gemeinderat kann zum Gegenstand des Begehrens einen eigenen Alternativantrag mit zur Abstimmung vorlegen, um Kompromisse zu ermöglichen. Bürgerentscheide sollen wenn möglich mit Wahlen zusammengelegt werden.

(7) Zur Information über den Bürgerentscheid führt die Gemeinde mindestens eine  Einwohnerversammlung durch. In Veröffentlichungen und Veranstaltungen der Gemeinde dürfen die Vertrauensleute eines Einwohnerbegehrens ihre Auffassung zum Gegenstand eines Bürgerentscheids mindestens in gleichem Umfange darstellen wie die Gemeindeorgane. Zur Information der Bürgerinnen und Bürger werden von der Gemeinde den Beteiligten die gleichen Möglichkeiten wie bei Gemeinderatswahlen eröffnet.

Erläuterung:Die Gemeinden müssen ausgewogen informieren und die Pro- und Contra-Seite in gleichem Umfang zu Wort kommen lassen. Vor einem Bürgerentscheid soll mindestens eine Einwohnerversammlung stattfinden, um einen persönlichen Austausch der Argumente zu ermöglichen.

(8) Bei einem Bürgerentscheid ist die gestellte Frage in dem Sinne entschieden, wie sie von der Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen beantwortet wurde. <, sofern diese Mehrheit in Gemeinden bis zu 10.000 Einwohnern mindestens 20 vom Hundert, in Gemeinden bis zu 50.000 Einwohnern mindestens 15 vom Hundert, in Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern mindestens 10 vom Hundert der Stimmberechtigten beträgt.>  Bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit Nein beantwortet. Ist die nach Satz 1 erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden, hat der Gemeinderat die Angelegenheit zu entscheiden. Sollen an einem Tag mehrere Bürgerentscheide stattfinden, hat der Gemeinderat eine Stichfrage für den Fall zu beschließen, dass die gleichzeitig zur Abstimmung gestellten Fragen in einer miteinander nicht zu vereinbarenden Weise beantwortet werden (Stichentscheid). Es gilt dann diejenige Entscheidung, für die sich im Stichentscheid die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen ausspricht. Bei Stimmengleichheit im Stichentscheid gilt der Bürgerentscheid, dessen Frage mit der höchsten Stimmenzahl mehrheitlich beantwortet worden ist. 

Erläuterung:Das demokratisch fragwürdige „Quorum“ beim Bürgerentscheid wird abgeschafft. Dies wird möglich, indem auch die sog. „Bindungsfrist“ des Bürgerentscheids entfällt (vgl. Absatz 10). Sollte sich der Gesetzgeber nicht dazu entschließen können, die Bindungsfrist ganz abzuschaffen, wird alternativ vorgeschlagen, das Quorum nach dem Vorbild der in Thüringen bereits geltenden Regelungen neu festzulegen und damit deutlich zu senken. Bei mehreren konkurrierenden Abstimmungsfragen wird eine Stichfrage vorgesehen.

(9) Ist in einem Gemeindebezirk ein Bezirksbeirat beziehungsweise in einer Ortschaft ein Ortschaftsrat gebildet worden, so kann über Angelegenheiten, die diesem Bezirksbeirat beziehungsweise diesem Ortschaftsrat durch Hauptsatzung oder Gesetz zur Entscheidung übertragen sind, auch innerhalb des Gemeindebezirks beziehungsweise der Ortschaft ein Bürgerentscheid stattfinden. Stimmberechtigt sind alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger, die im Gemeindebezirk beziehungsweise in der Ortschaft wohnen. Die Vorschriften der Abs. 1 bis 8 sowie 10 und 11 finden entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass anstelle des Gemeinderats der Ortschaftsrat beziehungsweise der Bezirksbeirat entscheidet.

Erläuterung: Auch in Ortschaften und Stadtbezirken werden Bürgerentscheide möglich.

(10) Der Bürgerentscheid hat die Wirkung eines Beschlusses des Gemeinderats.

Erläuterung: Bislang findet sich in der Gemeindeordnung noch die Formulierung „endgültigen Beschlusses“. Das hat dazu geführt, dass versucht wurde, manche Bürgerbegehren mit der Begründung für unzulässig zu erklären, dass sie lediglich auf einen Richtungsentscheid zielten, der dann zu einem späteren Zeitpunkt noch weiterer präzisierender Beschlüsse der Gemeinderates für die eingeschlagene Richtung bedürfe. Insofern sei nicht die Wirkung eines „endgültigen“ Gemeinderatsbeschlusses gegeben und das Bürgerbegehren deshalb unzulässig. Es ist sehr zu bezweifeln, ob der Gesetzgeber dies mit dem Wort „endgültig“ zum Ausdruck bringen wollte, zumal eine mehrstufige Planung von größeren Projekten unvermeidbar ist. Das Wort „endgültig“ wird deshalb an dieser Stelle gestrichen.

Es entfällt auch die sog. „Bindungsfrist“, wonach der Gemeinderat drei Jahre lang keinen dem Bürgerentscheid entgegen stehenden Beschluss fassen durfte. Dies wurde vielfach als „Verfallsdatum“ missverstanden, statt einem Bürgerentscheid so lange Respekt zu zollen, wie sich die Sach- oder Erkenntnislage nicht wesentlich verändert hat. Nicht anders als Gemeinderatsbeschlüsse sollen Bürgerentscheide jederzeit durch erneute Gemeinderatsbeschlüsse oder Bürgerentscheide abgeändert werden können, wenn eine neue Sachlage dies erfordert. Dadurch wird eine Streichung des Quorums beim Bürgerentscheid möglich (Absatz 8). Sollte ein Gemeinderat nicht verantwortungsvoll mit dieser Möglichkeit umgehen, kann jederzeit ein neuer Bürgerentscheid erwirkt werden.

(11) Das Nähere wird durch das Kommunalwahlgesetz geregelt.

Erläuterung: Um Einwohnerbegehren und Bürgerentscheide auch auf der Ebene vonLandkreisen und Regionen zu ermöglichen, werden diese Regelungen identisch auch in die Landkreisordnung (§17b), in das Landesplanungsgesetz (§ 35b) und in das Gesetz über die Errichtung der Region Stuttgart (§ 7b) eingefügt.

Da Kreistage und Regionalversammlungen seltener tagen als Gemeinderäte, wird lediglich die Frist für die Zulässigkeitsentscheidung nach Einreichung des Begehrens von sechs auf zwölf Wochen verlängert. Die Gemeinden der Landkreise bzw. Regionen werden bei der Unterschriftenprüfung und der Durchführung des Bürgerentscheids zur Amtshilfe verpflichtet sowie zur Mitwirkung bei der Information der Stimmberechtigten über den Bürgerentscheid.


Vollständiger Gesetzentwurf

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