Stuttgart (Fernwärmeversorgung)

Über die Rekommunalisierung des Fernwärmenetzes

 

 

Träger: „Wasserforum Stuttgart“ und „BI Frischluft Cannstatt“

Status: Begehren eingereicht am 10.11.2015 / In der Sache vom Gemeinderat übernommen am 26.01.2016

Kurz & knapp:

Das Stuttgarter Wasserforum hat das Bürgerbegehren „Fernwärme Stuttgart“ eingeleitet und fordert das Fernwärmenetz, welches gegenwärtig noch von EnBW betrieben wird, wieder zu 100% in kommunale Hand zu legen. Kritisiert wird die monopolartige Stellung von EnBW. Das Unternehmen hat 2012 den Preis für Fernwärme und Warmasser um 30% erhöht. Die Fernwärme wird durch die Verbrennung von Müll und Kohle generiert und dies trägt laut Initiative zur hohen Feinstaubbelastung der Stadt bei. Stuttgart hat die höchste Belastung einer Stadt in Deutschland. Diese Art Feinstaub, vor allem derjenige durch Müll verursacht, ist bedeutend schädlicher als der „reguläre“ durch den Verkehr generierte. Er setzt Stoffe wie Dioxine, Furane und andere frei, die ins Blut gehen können, so die Initiative.

2002 beschloss OB Wolfgang Schuster den Verkauf der Stuttgarter Neckarwerke, die letzen Endes an EnBW gingen. Sie wurde damit Eignerin der Gas-, Strom-, Wasser- und Fernwärmeversorgung in Stuttgart und erhielt alle städtischen Anteile an der Bodensee-Wasserversorgung. Im Mai 2011 gründete der Gemeinderat Stadtwerke, mit dem Ziel an der Konzessionsvergabe für Gas, Strom und Fernwärme teilzunehmen. Die Betreiberkonzession für EnBW lief noch bis Ende 2013. Der Konzern dagegen geht davon aus, dass er das betreffende Fernwärmenetz „für die Ewigkeit“ (OB Fritz Kuhn) betreiben darf.

Dem Energiewirtschaftsgesetz folgend hat der Gemeinderat Parameter festgelegt, nach denen die Konzessionsvergabe stattfinden wird. Darunter sind Faktoren wie „sichere Netze“, „Preisgünstigkeit“, „Verbraucherfreundlichkeit“ (Störungsbeseitigung, Service), „Effizienz“ und „Umweltverträglichkeit“. Unternehmen können aufgrund dieses Katalogs Interesse an einer Konzession oder einer Kooperation mit der Stadt anmelden. Für die Fernwärme gilt das Energiewirtschaftsgesetz nicht, aber auch hier plant die Stadt ein transparentes Verfahren, mit vorher genannten Kriterien. Das Konzessionsverfahren darf keine diskriminierenden Parameter beinhalten und muss für alle Teilnehmer gleichermaßen fair geregelt sein.

Der Konzessionsvertrag, der von Seiten der Stadt an EnBW übergeben wurde und die Bereitstellung von Wasser, Strom, Gas und Fernwärme beinhaltet, endete am 31.12.2013. Somit hätten zum 1.1.2014 die Versorgungsaufgaben in diesem Bereich an einen anderen Anbieter vergeben werden können. Doch EnBW weigert sich das Netz an die Stadt zu übergeben. Sie geht davon aus, dass ihr die Konzession für das Fernwärmenetz grundsätzlich und zeitlich nicht befristet übergeben wurde.

Laut Energiewirtschaftsgesetz muss eine solche Konzession nach ca. 20 Jahren auf den Prüfstand und neu ausgeschrieben werden. Wenn eine Stadt die Versorgung rekommunalisieren möchte, muss sie sich an dieser Ausschreibung beteiligen. Sie kann die Konzession nicht einfach in die eigenen Hände legen. Wie bei der Wasserversorgung, droht auch bei der Fernwärme ein Rechtsstreit zwischen Stadt und EnBW über die Herausgabe und den dafür zu zahlenden Preis.

Die Unterschriftenaktion begann im September 2013 und fand nach mehrmaligen Nachsammlungen sein vorläufiges Ende am 10.11.2015. Bereits mehrfach hatte das statistische Amt der Stadt eine große Anzahl an Stimmen für ungültig erklärt, so dass die Initiatoren erneut sammeln mussten, um die 20.000 Stimmen zu erreichen. Am Dienstag verkündete das prüfende Amt, dass insgesamt 20.150 Unterschriften zusammen gekommen sind. Die Sprecher der Initiative gehen davon aus, dass das Begehren zulässig ist. Dies haben laut ihnen mehrfache Prüfungen im Voraus ergeben.

Zunächst möchte die Stadt ein Rechtsgutachten zur grundsätzlichen Gültigkeit eines solchen Begehrens in Auftrag geben und dann über das vorliegende urteilen.

 

 

Weiterführende Informationen:

 

- www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.stadt-geht-in-berufung-fernwaerme-streit-schwelt-weiter.4e86e826-8f94-49f2-a084-27582e2d89cb.html

- www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.rueckschlag-fuer-stadt-stuttgart-enbw-siegt-vorerst-im-streit-ums-fernwaermenetz.a7676958-63d1-4fb0-82a0-fe56a4f09923.html

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.energiewende-rat-debattiert-kauf-des-fernwaermenetzes.84ced077-1fc8-4344-a5fc-1509191f27b8.html

- http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.energieversorgung-in-stuttgart-wie-wichtig-ist-die-fernwaerme-fuer-stuttgart.13b2634b-e4bb-4f2d-b663-17773951d078.html

- http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.energiewende-in-stuttgart-frostige-stimmung-bei-der-fernwaerme.3d32fabd-9cbb-4e0e-83c6-252499f79104.html

- http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.verbraucherschutz-gefangen-im-netz-der-fernwaerme.a56e0291-f2c5-4dd7-87ff-eb6cc0c8b2d7.html

- Kriterien zur Konzessionsvergabe der Stadt Stuttgart: http://www.stuttgart.de/item/show/479389

- Anfragen des Bürgervereins „Kommunale Stadtwerke“ an die Stadt:http://www.kommunale-stadtwerke.de/der-verein/antraege-anfragen/

- Homepage des Wasserforum Stuttgart:http://www.100-strom.de/BuergerbegehrenFernwaerme.html