Fundamentaler Demokratie-Fortschritt: Landtag macht durch Verfassungsänderung Volksbegehren zu einem nutzbaren Bürger-Instrument

Mit einer Verfassungsänderung wurde am 25. November beschlossen, die Hürden für Volksbegehren und Volksentscheid zu senken und den Volksantrag einzuführen. Endlich gibt Baden-Württemberg die Rote Laterne als Schlusslicht bei der Bürgermitsprache ab!

 

Von Sarah Händel

Heute wurde im Landtag nach über drei Jahren andauernden Verhandlungen zwischen den Landtagsfraktionen eine Verfassungsänderung beschlossen, um die Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide zu senken. Mehr Demokratie bezeichnet die beschlossenen Erleichterungen als maßgeblichen Demokratie-Fortschritt. Der Verein rechnet es hoch an, dass Regierung und Opposition zusammengearbeitet haben, um die Mitbestimmungsrechte der Bürger auszubauen. Zukünftig können die Bürger mit ca. 38.000 Unterschriften einen Vorschlag in den Landtag einbringen und mit nochmaligen ca. 770.000 Unterschriften einen landesweiten Volksentscheid anstoßen.

 

 

„Mit der Reform beginnt eine neue Ära. Endlich können die Bürger selbst Volksentscheide anstoßen, das war bisher mit den hohen Hürden gar nicht möglich“, erklärte Sarah Händel, Landesgeschäftsführerin von Mehr Demokratie e.V. in Baden-Württemberg. Dass die direkte Demokratie nach den Gemeinden nun auch auf der Landesebene gestärkt wird, spricht eine klare Einladung an die Bürger aus, sich aktiver an der Demokratie zu beteiligen.

 

Doch auch für die Parlamente ist die Reform ein Gewinn. „Kritische Bürger, die sich besser informieren und mehr einbringen, bringen die Parlamentarier dazu, Anliegen der Bevölkerung ernster zu nehmen“, so Händel. Das bedeutet aber nicht, dass man dann dem Volk nach dem Mund reden muss, sondern zunächst, dass politische Vorhaben den Bürgern besser erklärt werden. Können diese das ein oder andere Projekt der Regierung dennoch nicht gutheißen oder wollen selbst einen Vorschlag einbringen, kann ein Bürgerbündnis nun mit den notwendigen Unterschriften einen Volksentscheid anstoßen.

 

Damit die direkte Demokratie befriedet und nicht spaltet, ist es am wichtigsten, dass die Verfahren fair ablaufen, so Händel. Als Demokratie-Fachverband sieht Mehr Demokratie daher auch nach der Reform noch Verbesserungsbedarf vor allem an zwei Punkten. Ein Quorum von 20 Prozent bei der Abstimmung ist immer noch zu hoch, denn nichts beschädigt eine direkte Abstimmung mehr als eine Mehrheit in der Sache, die aber am Quorum scheitere. Der zweite Punkt betrifft die Möglichkeit, Abstimmungen mit Wahlen zusammen zulegen. Mit dem jetzigen Gesetz ist das schwer zu machen. „Die Zusammenlegung mit Wahlen sollte immer möglich sein, um eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen, aber auch wegen der großen Kostenersparnisse“, fordert Händel.

 

Stellungnahme Mehr Demokratie zur Verfassungsänderung - See more at: www.mitentscheiden.de/11726.html

 

Details zur Verfassungsänderung:


  • Einführung des Volksantrags: 0,5 Prozent (ca. 38.000 Unterschriften) der Wahlberechtigten können den Landtag auffordern, sich mit einem Thema zu befassen. Lehnt der Landtag den Vorschlag ab, kann daraufhin ein Volksbegehren ergriffen werden.

  • Volksbegehren: statt 16,6 Prozent müssen jetzt nur noch 10 Prozent (ca. 770.000) der Wahlberechtigten für ein erfolgreiches Begehren unterschreiben.

  • Längere Frist: statt 2 Wochen beträgt die Frist zur Sammlung der Unterschriften für ein Volksbegehren nun 6 Monate (inklusive 3 Monate Amtseintragungsmöglichkeit)

  • Einführung der freien Sammlung: Statt wie bisher notwendig, müssen die Unterstützer/innen nicht mehr im Rathaus ihre Unterschrift für ein Volksbegehren abgeben (sogenannte Amtseintragung) sondern Unterstützer-Unterschriften können von der Initiative frei auf Straßen und Plätzen gesammelt werden (freie Sammlung)

  • Senkung des Zugstimmungsquorums: anstatt bisher 33,3 Prozent muss eine zustimmende Mehrheit an der Urne jetzt nur noch 20 Prozent der Wahlberechtigten entsprechen, damit der Bürger-Vorschlag rechtskräftig wird und verbindlich umgesetzt werden muss.

 

 

 

 

Neues Gesetz zur Verfasssungsänderung für leichtere Volksentscheide

 

Stellungnahme Mehr Demokratie zur Verfassungsänderung

 

 

 

 

Neues Volksabstimmungsgesetz (Ausführungsgesetz zur Verfassungsänderung zum Volksentscheid)

 

Stellungnahme Mehr Demokratie zum Volksabstimmungsgesetz

 

Stellungnahme Mehr Demokratie zur Verfassungsänderung - See more at: www.mitentscheiden.de/11726.html