Auswertung zeigt: Neuregelung bei Bürgermeisterwahlen ist nötig

Die Ersatzstimme muss die Neuwahl ersetzen

Mehr Demokratie e.V. hat eine Auswertung der Bürgermeisterwahlen von 2013 bis März 2021 durchgeführt. Betrachtet wurden die Wahlbeteiligung, der Frauenanteil und die Parteizugehörigkeit unter amtierenden Bürgermeistern, die Zahl der Kandidierenden bei Bürgermeisterwahlen, Amtswechsel und Amtszeiten sowie insbesondere Probleme der Legitimierung durch die Wahl und die zweiten Wahlgänge.

Dabei zeigen sich charakteristische Schwächen des hiesigen Bürgermeisterwahlsystems. Nur wenn bei der Wahl eine Person die absolute Mehrheit erhält, ist sie gewählt. Andernfalls ist ein zweiter Wahlgang nötig. Dabei handelt es sich aber nicht um eine Stichwahl zwischen den Bestplatzierten, sondern um eine Neuwahl. Damit können nicht nur sämtliche Kandidierenden des ersten Wahlgangs, sondern potentiell sogar neue Kandidierende antreten. Das kostet Steuergelder und führt zu taktischem Verhalten sowohl seitens der Wählerinnen und Wähler als auch seitens der Kandidierenden. Schlimmstenfalls nehmen sich Kandidierende mit ähnlichen Programmen in beiden Wahlgängen gegenseitig Stimmen weg.

Dieses Problem wiegt umso schwerer angesichts einer weiteren Regelung: In der Neuwahl genügt die einfache Mehrheit zum Sieg. Da zugleich die Wahlbeteiligung bei Neuwahlen durchschnittlich um 2,5 Prozentpunkte niedriger ausfällt als im ersten Durchgang, kommen bisweilen Personen ins Amt, die nicht einmal ein Viertel aller Wahlberechtigten hinter sich vereinen können. Das gefährdet die Legitimität der Gewählten wie insbesondere auch der Wahlprozedur.

Auffälligerweise geht in mehr als einem Viertel der Fälle der oder Erstplatzierte des ersten Wahlganges nicht auch bei der Neuwahl als Sieger durchs Ziel. Das zeigt, dass die Wählerinnen und Wähler offenbar eine Reihenfolge existiert, welche Kandidierenden sie am meisten, am zweitmeisten, etc. bevorzugen.

Daraus folgt: Das aktuell geltende Bürgermeisterwahlsystem muss durch ein effizienteres Reglement, das den Wählerinnen und Wählern erlaubt, ihre Präferenzen genauer auszudrücken, ersetzt werden. Dafür bietet sich das Konzept der Ersatzstimme, auch Präferenzwahl oder integrierte Stichwahl genannt, an. In einigen Ländern wie Australien, Irland und Island, aber auch Teilen der USA hat sich dieses System bewährt. Dabei können die Wählenden die Kandidierenden auf dem Stimmzettel in eine bevorzugte Reihenfolge bringen. Bei der Stimmauszählung werden zunächst nur die Erstpräferenzstimmen für alle Kandidierenden ausgezählt. Erzielt jemand hier eine absolute Mehrheit, ist diese Person gewählt. Andernfalls scheidet die Person mit den wenigsten Erstpräferenzstimmen aus. Von den auf sie entfallenen Stimmzetteln werden die Zweitpräferenzstimmen auf die übrigen Kandidierenden verteilt, deren Stimmzahlen sich so erhöhen. Je nach Größe des Bewerberfeldes setzt sich dieser Prozess so lange fort, bis eine Kandidatin oder ein Kandidat eine absolute Mehrheit erreicht hat und damit gewählt ist.

Auch wenn das zunächst kompliziert klingt, ist es für die Wahlberechtigten leicht umsetzbar, erspart einen teuren zweiten Wahlgang und garantiert, dass am Ende der- oder diejenige ins Amt kommt, der oder die den größten Rückhalt in der Wählerschaft hat. Ein legitimeres Wahlprocedere gibt es nicht. Worauf warten wir noch?