„Stuttgart laufd nai“: So toll kann's laufen!

Das geplante Bürgerbegehren "Stuttgart laufd nai" hat angeschoben, was vorher im Gemeinderat unmöglich schien: eine verkehrsberuhigte Innenstadt! Die Erfolgsgeschichte zeigt die Kraft der direkten Demokratie.

„Stuttgart laufd nai“, mit dieser Aufforderung in Schwäbisch wollte ein Bündnis aus 22 zivilgesellschaftlichen Organisationen ein Bürgerbegehren starten. Ihr Anliegen: die Stuttgarter Innenstadt verkehrsberuhigter machen. Nun sind sie am Ziel, noch bevor sie überhaupt losgelaufen sind! Am Mittwoch hat der Stuttgarter Gemeinderat so gut wie alle Vorschläge des Bündnisses übernommen: die Fußgängerzone wird ausgeweitet, neue Radwege werden ausgewiesen und etwa 150 Parkplätze zu neuen Spiel-, Grün- und Kulturflächen umgewidmet. Diese Erfolgsstory zeigt: Mit der direkten Demokratie können die Bürger/innen Themen voranbringen, die sonst wegen fehlender Gemeinderatsmehrheiten oder zu starken Lobbyinteressen kaum eine Chancen hätten!


Jahrelang fehlten die Mehrheiten


Seit Jahren versuchten einzelne Fraktionen im Gemeinderat, die Stuttgarter Innenstadt für Fußgänger und Fahrradfahrer attraktiver zu machen und den öffentlichen Nahverkehr zu stärken. Auch das Stuttgarter Feinstaubproblem verlangt nach nachhaltigen Lösungen. Doch es fehlten die Mehrheiten. Bis dann im Frühjahr einzelne Gemeinderatsfraktionen ihre Kräfte mit der Zivilgesellschaft bündelten, um gemeinsam ein Bürgerbegehren mit dem Ziel eines Bürgerentscheids auf den Weg zu bringen. Die Hoffnung: Vielleicht beschließen ja die Bürgerinnen und Bürger, was der Gemeinderat sich nicht traut.


Doch dann kam es ganz anders...


Dass viele Bürger/innen sich eine menschenfreundlichere Innenstadt wünschen, haben nach der Ankündigung des Bürgerbegehrens auch andere Fraktionen im Gemeinderat für wahrscheinlich gehalten. Und da war sie dann plötzlich: die lang ersehnte Kompromissbereitschaft in der Sache. Innerhalb weniger Wochen wurde ein interfraktioneller Vorschlag erarbeitet, der am Mittwoch dann auch prompt eine Mehrheit im Gemeinderat fand. Ohne eine einzige Unterschrift zu sammeln hatte das Bürgerbegehren seine Funktion als Kompromiss-Anschieber erfüllt!


Ein eindrucksvoller Beweis für die Kraft der direkten Demokratie


Mit den Mitteln der direkten Demokratie können Bürger/innen Themen in ihrer Kommune voranbringen, über die sonst vielleicht gar niemand sprechen würde. Das Einbringen eines konkreten eigenen Vorschlags per Bürgerbegehren hilft, sich selbst und anderen deutlich zu machen, wie viel Gestaltungsspielraum wir in unserer Demokratie eigentlich haben. Dadurch werden neue Kompromisse möglich und es zählen plötzlich die besseren Argumente, anstatt die lähmende Macht der Gewohnheit.


Selbst die Initiative ergreifen!


Es bleibt zu hoffen, dass die Stuttgarter Erfolgsgeschichte andere Initiativen inspiriert, die sich für ihre Gemeinde ebenfalls neue Entwicklungen wünschen. Mehr Demokratie ist für alle ansprechbar, die ein Bürgerbegehren auf den Weg bringen möchten. „Stuttgart Laufd nai“ hat vorgemacht, wie es gehen kann: anstatt mit dem Finger auf „die da oben“ zu zeigen, liegt es in den Händen aller Bürger/innen, diese Gesellschaft selbst zu verändern!


Weitere Hintergründe zur Stuttgarter Erfolgsstory erfahren Sie im Radio-Interview: https://rdl.de/beitrag/stuttgart-laudf-nai-die-verkehrsberuhigte-innenstadt-kommt-fahrt