Abschlußbericht Monitoring zur S21-Volksabstimmung: Zweifelhafte Rolle der Bahn, unfaire Budgets - aber größter Mangel bleibt Abstimmungsquorum

Reformen der direkten Demokratie auf Landesebene lassen noch immer auf sich warten

In einem direkt nach der Volksabstimmung zu S21 präsentierten Monitoring-Bericht vergab der Verein Mehr Demokratie das Prädikat „unfair“, hauptsächlich aufgrund des Abstimmungsquorums von 33 Prozent. Nach weiteren Recherchen liegt nun die endgültige Bewertung der Volksabstimmung vor. In der Hautsache sind 2 Sachverhalte neu bewertet worden: das Verhalten der Bahn AG wurde von „teils/teils“ auf „unfair“ herabgestuft, ebenso wird die Kategorie ausgeglichenes Kampagnenbudget der Gegner und Befürworter nun mit „unfair“ bewertet. Das schwerwiegendste Manko am Prozess der Volksabstimmung ist und bleibt aber die Belastung durch ein Zustimmungsquorum von 1/3 der Wahlberechtigten.

 

„Die Bahn AG ist ein 100prozentiges Staatsunternehmen, schon alleine deswegen ist es fraglich, ob es legitim ist, dass sie Ressourcen für die Bewerbung von S21 ausgegeben hat“, sagt Reinhard Hackl, Vorstandssprecher von Mehr Demokratie e.V. „Noch schwerer fällt jedoch ihre mangelhafte Informationpolitik ins Gewicht: es wurden keine detaillierte Angaben zur Kostenfrage veröffentlicht, Bahnchef Grube suggerierte eine Abhängigkeit der Neubaustrecke Ulm-Wendlingen von S21 und beim Stresstest wurde das Kriterium „gute Betriebsqualität“ eigenmächtig zu „wirtschaftlich optimal“ herabgestuft“.

 

Auch die Budgetfrage muss nach vertiefter Recherche nun mit „unfair“ bewertet werden: die Befürworter von S21 verfügten nach Hochrechnungen über ein vier Mal so hohes Budget wie die Gegner. Ein gesetzlich festgeschriebenes Ausgabenlimit oder zumindest die Pflicht zur Offenlegung der Finanzquellen gibt es in Baden-Württemberg nicht.“Dazu kommen noch einige Fouls der öffentlichen Verwaltungen“, führt Hackl aus „denn wenn öffentliche Steuergelder einseitig verwendet werden, Stichwort Anschreiben Schusters an alle Stuttgarter, kann von ausgeglichener Information nicht mehr die Rede sein“.

 

Den größten Anteil am Gesamturteil „unfair“ trägt jedoch das Abstimmungsquorum von 33,3 Prozent. „Ein bloßes Scheitern der S21 Gegner am Quorum hätte die Legitimität der Abstimmung und damit ihre befriedende Wirkung hochgradig beschädigt. Direkte Demokratie kann nicht funktionieren, wenn durch ein Quorum Mehrheitsentscheidungen ungültig werden können und hohe Quoren schon im Vorhinein ein Scheitern wahrscheinlich machen. Die Landesregierung hat versprochen entsprechende Lehren zu ziehen und das Quorum abzuschaffen. Doch bisher wurden entsprechende Reformen noch nicht einmal ernsthaft mit der Opposition diskutiert. Wird hier keine große Verbesserung erreicht, wird das selbsternannte Musterland für Beteiligung Baden-Württemberg weiter Vorreitern wie Bayern hinterher humpeln“, mahnt Hackl an.

 

Die vollständigen Monitoringbericht können Sie <media 28055 - - "TEXT, 31.10.12Monitoring S21 web, 31.10.12MonitoringS21_web.pdf, 341 KB">hier</media> herunterladen.