Am Sonntag hat sich eine Mehrheit von 54 Prozent der Radolfzeller Bürger/innen für einen Stopp der vom Gemeinderat beschlossene Vorzugsvariante ausgesprochen. Sarah Händel, Landesgeschäftsführerin von Mehr Demokratie Baden-Württemberg, fordert die Radolfzeller Gemeinderäte auf, dieses Votum zu akzeptieren. „Die Zeiten, in denen ein Jahrhundertprojekt wie die Seetorquerung ohne angemessene Bürgerbeteiligung durchgeführt werden können, sind vorbei. Es wäre ein großer Fehler ein so grundlegendes Projekt gegen die Mehrheit der Bevölkerung durchzusetzen“, warnt Händel.
Dass bei der Abstimmung das Quorum um weniger als 1 Prozent verfehlt wurde, spiele für die Aussagekraft des Bürgervotums keine Rolle. Hier gehe es lediglich um rechtliche Frage: Das Erreichen des Quorum führt zu einer direkten Umsetzung des Bürgerwillens. Ist es nicht erreicht, hat der Gemeinderat erneut die Chance, in der Sache zu entscheiden, nun aber im Wissen um den Willen der Bevölkerung. „Die Gemeinderäte sollten ihre Verantwortung als Repräsentanten der Bevölkerung erst nehmen und dieses Votum nutzen, als Chance auf einen Neustart, mit Architektenwettbewerb und Einbeziehung der Bürger bei der Entscheidung für eine neue Variante“, empfiehlt Händel.
Der Bürgerinitiative spricht Händel Respekt aus, dass sie es geschafft habe, mit wenig Mitteln und ohne die Chance im Abstimmungsheft ihre Argumente dazulegen, eine Mehrheit der Radolfzeller/innen zu überzeugen. Sie habe damit einen wichtigen Beitragzur demokratischen Kultur vor Ort und der konkreten Meinungsbildung der Bürgerschaft in einer Sachfrage geleistet.
Die wohl noch dieses Jahr im Landtag verabschiedete Reform der Gemeindeordnung werde im übrigen dafür sorgen, dass im Sinne einer fairen Information der Bürger vor einem Entscheid zukünftig die Bürgerinitiative ihre Position im Abstimmungsheft in gleichem Umfang darlegen darf wie die Organe des Gemeinderates. Zudem werde durch eine Absenkung des Quorums bewirkt, dass künftig schon ab 20 Prozent Zustimmung eine rechtliche Verbindlichkeit des Bürgerentscheids entsteht und der Mehrheitswille umgesetzt werden muss.