Bürgerinitiativen scheitern eher an formalen Hürden als in der Abstimmung

Bürgerentscheidsbericht zeigt Reformbedarf auf

 

Bürgerbegehren werden oft von neuen Bürgerinitiativen angestoßen

Bürgerbegehren werden oft von neuen Bürgerinitiativen angestoßen und scheitern weniger beim Entscheid als an formalen Hürden. Dies sind einige der neuen Erkenntnisse des Bürgerentscheidsberichts, den der Politikwissenschaftler Fabian Reidinger jetzt bei eine Veranstaltung im Bürgerhaus Stuttgart-West zu den Ergebnissen der Reform der Gemeindeordnung aus dem Jahr 2005 vorgelegt hat. Der Bericht wurde mit Bürgerinitiativen, dem Kommunalexperten Prof. Dr. Hans-Georg Wehling und dem Dezernenten des Städtetags BW Norbert Brugger diskutiert. Trotz einiger erfreulicher Entwicklungen stellt Reidinger einen großen weiteren Reformbedarf fest.

Besonders positiv wertete der Bericht, dass heute Bürgerbegehren zu mehr Themen zulässig sind als vor der Reform. Dies führte auch zu einem Anstieg der Verfahren von durchschnittlich 13 auf 23 Verfahren pro Jahr. Auch hat es sich positiv ausgewirkt, dass für einen gültigen Bürgerentscheid nicht mehr die Zustimmung von 30 Prozent aller Wahlberechtigten erforderlich ist, sondern „nur“ noch von 25 %.(sog. "Quorum"). Die Zahl der unwirksamen Bürgerentscheide sank so von 40 auf 21,3 Prozent.

Doch der Bericht zeigt auch die Schattenseiten der bestehenden Regelungen auf: Besonderes Manko: Rund 55 Prozent der Bürgerbegehren scheitern mit Ihren Anliegen. Doch nur in einem Drittel dieser Fälle verlieren sie in der Abstimmung, in zwei Dritteln der Fälle scheitern sie an den formalen Hürden (Frist, Themenausschluss etc. oder Quorum). Auch vor der Reform waren die formalen Hürden in zwei Drittel der Fälle Grund für das Scheitern. „Dass diese Verfahren im Ergebnis aus formalen und nicht aus politischen Gründen keinen Erfolg haben, zeigt die Notwendigkeit, die Hürden weiter abzusenken,“ so Reidinger weiter.

Als Initiatoren der Begehren treten entgegen oft geäußerten Vermutungen häufig völlig neue Bürgerinitiativen auf und bereichern das politische Geschehen. Bürgerbegehren sind also ein aktivierendes Element, stellt Reidinger fest.

Aus seiner Untersuchung schlussfolgert Reidinger folgenden wesentlichen Reformbedarf: So müssten Bürgerbegehren wie in anderen 7 Bundesländern auch zu Bauleitplänen möglich sein, die 6-Wochen-Frist für Begehren gegen Gemeinderatsbeschlüsse müsse entfallen wie auch die Notwendigkeit eines Kostendeckungsvorschlags. Bei der Abstimmung sollte die Mehrheit entscheiden und kein sog. Quorum (Mindestzustimmung) mehr gelten. Bürgerentscheide sollten endlich auch auf Landkreisebene eingeführt werden. Wie dringlich diese Reformen sind, zeigt auch die Tatsache, dass bei Bürgerentscheiden das Land in Sachen Anwendungsfreundlichkeit bei dem jüngst vorgelegten bundesweiten Ranking nur den 13. Platz unter 16 Bundesländern eingenommen hat.

 

Den Bericht kann auf der Homepage www.mitentscheiden.de heruntergeladen werden oder im Landesbüro in Stuttgart bestellt werden.