Corona-Pandemie gefährdet Bürgerbegehren

Erneuter Landtagsbeschluss zur Fristaussetzung gefordert

Vor dem Hintergrund des gerade erst verlängerten Lockdowns fordert Mehr Demokratie e.V. den Landtag von Baden-Württemberg auf, rasch einen erneuten Beschluss zu den Einreichungsfristen von Bürgerbegehren zu fassen. Im Mai 2020 hatte der Landtag eine Fristaussetzung bis zum 31.3.2021 beschlossen, um Bürgerinitiativen unter Coronabedingungen von Zeitdruck zu entlasten. „Der Landtag muss dringend dafür sorgen, dass die Beteiligungsrechte der Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin nicht der Pandemie zum Opfer fallen “, fordert Edgar Wunder, Landesvorsitzender von Mehr Demokratie e.V. in Baden-Württemberg. Wenn zum 31. März die alte Dreimonatsfrist wieder in Kraft trete, seien auf die direkte Begegnung angewiesene Unterschriftensammlungen sehr schwierig zu organisieren, so Wunder. „Eine solche Verschlechterung der Chancen auf ein zulässiges Bürgerbegehren ist den Bürgerinnen und Bürgern nicht zuzumuten“.

Eine Bilanz der Bürgerbegehren im Jahre 2020 zeige: Trotz ausgesetzter Einreichungsfrist ist die Zahl eingereichter Bürgerbegehren um 50 Prozent zurückgegangen, aber fünf Bürgerbegehren sind nur dank der Fristaussetzung überhaupt zustande gekommen. „Die Fristaussetzung schützt effektiv Bürgerrechte“, sagt Wunder. „Zugleich hat sie in keinem einzigen Fall die Planungssicherheit der Gemeinden gefährdet.“

Da das Ende der Pandemie nicht absehbar sei, soll es nach Ansicht des Vereins diesmal einen dauerhaft tragfähigen Beschluss geben, kein erneutes Provisorium. „Sonst stehen wir in einigen Monaten am selben Punkt und müssen wieder nachbessern“, fürchtet Wunder. Stattdessen schlägt Mehr Demokratie eine Regelung nach dem Vorbild Schleswig-Holsteins vor. Dort beginnt die Einreichungsfrist mit dem Beginn der Unterschriftensammlung, unabhängig von Gemeinderatsbeschlüssen. Verzögerungstaktiken und Rechtsunsicherheiten gebe es dennoch nicht. „Wenn ein Gemeinderatsbeschluss umgesetzt ist, ist ein Bürgerbegehren ohnehin automatisch unzulässig“, erklärt Wunder. „Es liegt also auch im Interesse der Bürgerinitiativen, möglichst schnell nach einem Gemeinderatsbeschluss die nötigen Unterschriften zu sammeln und einzureichen, einer pauschal gültigen Einreichungsfrist bedarf es dazu nicht, wie andere Bundesländer beweisen.“

Eine entsprechende Änderung der Gemeindeordnung in Baden-Württemberg sei sehr leicht umsetzbar. „Wir bitten den Landtag von Baden-Württemberg, diese relativ geringfügige Gesetzesänderung rasch zu beschließen, um die akuten coronabedingten Probleme für Bürgerbegehren zu entschärfen und damit gleichzeitig für eine tragfähige, dauerhafte Lösung zu sorgen“, appelliert Wunder an die frisch gewählten Abgeordneten.