Erste Sitzung des TTIP-Beirats der Landesregierung: ist Beteiligung nachholbar?

Am kommenden Mittwoch wird der von der Landesregierung berufene TTIP-Beirat zum ersten Mal zusammentreten. Die Vielfalt der 33 in den Beirat berufenen Personen und dahinterstehenden Organisationen spiegelt die Themenvielfalt der TTIP-Verhandlungen.


„Vielen Bürgern ist immer noch nicht bewusst, dass TTIP nicht nur die Wirtschaft betrifft, sondern in ganz viele Lebensbereiche, wie etwa dem Schadstoffeinsatz bei der Nahrungsmittelproduktion, in Datenschutzfragen oder in die Finanzmarktregulierung hineinwirkt“, so Sarah Händel vom ebenfalls geladenen Verein Mehr Demokratie. „Gerade das Ausmaß des Gigantenprojekts TTIP macht es für uns als Demokratie-Verein so schwer nachvollziehbar, warum die EU-Institutionen nicht für eine angemessene Beteiligung von Parlamenten, Verbänden und auch den Bürger/innen sorgen“.


Mehr Demokratie begrüßt, dass die Landesregierung nach zwei TTIP-Verhandlungsjahren hier nachbessert und die Zivilgesellschaft in ihre Positionsfindung einbeziehen möchte. Allerdings ist eine fachlich tiefergehende Begleitung kaum möglich, wenn der Beirat sich – wie bislang geplant – nur halbjährlich zusammen finden soll. Vor allem, da die Kanzlerin soeben angekündigt hat, dass der TTIP-Rahmenvertrag schon bis Ende 2015 verhandelt sein soll.


„Speziell bei den hochumstrittenen Regeln zum Investorenschutz haben wir Gesprächsbedarf. Es ist völlig unklar, ob die USA den von Handelskommissarin Malmström vorgeschlagenen „Handelsgerichtshof“ mit bestellten Richtern mittragen. Außerdem sind die privaten Schiedsgerichte in dem schon abgeschlossenen Abkommen mit Kanada noch in der alten Form enthalten. Eine Ratifizierung von CETA ist daher unbedingt zu vermeiden“, mahnt Händel.


„Wir fordern von der Landesregierung, was jede demokratische Regierung und jedes Parlament in dieser Situation tun sollte: eine ehrliche Debatte führen über geplante Instrumente wie etwa die  „Regulatorische Kooperation“ und möglicherweise schädliche Folgen zum Beispiel für unsere Umwelt-oder Verbraucherschutzstandards“.
Anstatt der unkritischen Darstellung eines faktisch kaum zu untermauernden, alle zugleich beglückenden Wirtschaftswachstums, sollten endlich Vor- und Nachteile realistisch abgewogen werden. Denn bei TTIP und CETA wird es Gewinner und Verlierer geben.


Dass sie dem Mantra „Wirtschaftswachstum um jeden Preis“ nicht mehr folgen möchten, haben mittlerweile schon fast 3 Millionen Europäer/innen mit einer Unterschrift bei der europäischen Bürgerinitiative „STOPP TTIP“ deutlich gemacht. Und wie in den unzähligen von der Zivilgesellschaft organisierten Diskussionsveranstaltungen hörbar wird, geht dieser Wunsch nach einem anderen Europa weit über TTIP hinaus.


“Das Demokratie-Defizit bei TTIP spiegelt das viel grundsätzlichere Demokratie-Defizit der EU-Institutionen wieder, was auch schon zuvor beim Umgang mit der Griechenlandkrise oder der geradezu brachialen Durchsetzung des Eurorettungsschirms deutlich wurde. Auch das werden wir im Beirat offen ansprechen“, kündigte Händel an.