Landtagswahl: 12 Prozent der Stimmen zählen nicht

Neuer Landtag vertritt nur 56 Prozent der Wahlberechtigten aus Baden-Württemberg

Zusammen gerechnet kommen die kleineren Parteien, die die Fünf-Prozent-Hürde nicht genommen haben, bei der aktuellen Landtagswahl auf 12,1 Prozent der abgegebenen Stimmen. Diese Wählerstimmen werden im Landtag nicht repräsentiert und müssen daher von der Wahlbeteiligung von 63,8 Prozent abgezogen werden. Der aktuelle Landtag ist damit von 56 Prozent aller Wahlberechtigten gewählt.

„Ein Landtag, der nur etwas mehr als die Hälfte aller wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger vertritt, sollte nicht die Regel sein“, so Sarah Händel, Landesgeschäftsführerin von Mehr Demokratie Baden-Württemberg. „Es bleibt eine wichtige Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Wahlbeteiligung steigt und jede Stimme zählt.“ Damit nicht alle 12 Prozent der Stimmen unter den Tisch fallen, helfe die Einführung einer Ersatzstimme. Anstatt nur einer Stimme könnten die Wählenden auf dem Wahlzettel dann vorsorglich eine zweite Stimme (Ersatzstimme) abgeben, die zählen würde, falls die erstgewählte Partei die Fünf-Prozent-Hürde nicht überspringt.

„Mit einer Ersatzstimme ist ein strategisches Wählen vorbei und die Wähler:innen können ohne Angst, die eigene Stimme zu verlieren, für ihre präferierte Partei stimmen“, so Händel. Zudem sei es eine Frage der Fairness gegenüber den kleineren Parteien, ihnen durch die Ersatzstimme eine realistischere Chance einzuräumen, die Fünf-Prozent-Hürde zu schaffen oder sie zumindest wissen zu lassen, wie viel Rückhalt sie in der Bevölkerung tatsächlich haben. Ein genaueres Abbild des Wählerwillens erhalte man nur, wenn die Ersatzstimme eine Wahl frei von strategischen Überlegungen möglich mache.

Die Einführung der Ersatzstimme sei aber nicht nur fair gegenüber Wählenden und Kleinparteien, auch die größeren Parteien profitierten davon, wenn Stimmen an Kleinparteien nicht verloren gehen, sondern über die Ersatzstimme doch noch im eigenen Lager landen. „Gäbe es eine Ersatzstimme, wäre Grün-Rot nach dieser Wahl womöglich doch eine Option geworden“, so Händel, aber auch für andere denkbare Konstellationen könne die Ersatzstimme eine entscheidende Rolle spielen. Kommt es in der nächsten Legislatur zu der von allen Parteien angekündigten Wahlrechtsreform, sollte die leicht umzusetzende Option einer Ersatzstimme nicht einfach übergangen werden, fordert Händel. Es liege in der Verantwortung aller Abgeordneten, dafür zu sorgen, dass das Prinzip 'Jede Stimme zählt' mit allen verfügbaren Mitteln umgesetzt wird.