Mehr Demokratie: Bürgerentscheid in Neckarsulm zeigt Nachteil von hohen Quoren

Bürgerentscheid zum B27-Anschluss scheitert denkbar knapp – Quorum verhindert Befriedung


Mehr Demokratie e.V., Fachverband für direkte Demokratie, fordert nach dem knapp gescheiterten Bürgerentscheid in Neckarsulm eine Herabsenkung des Zustimmungsquorums zu prüfen: „Auch wenn die Hürden erst 2015 gesenkt worden, zeigen die Bürgerentscheide in Heidelberg und Neckarsulm die dysfunktionale Wirkung des Zustimmungsquorums. Der Gesetzgeber sollte mittelfristig eine Senkung des Quorums prüfen“, sagt Christian König, Landesgeschäftsführer von Mehr Demokratie e.V. Baden-Württemberg.


57,4 Prozent der Neckarsulmer Bürgerinnen und Bürger, die am Sonntag am Bürgerentscheid teilnahmen, stimmten gegen den geplanten Bau eines neuen B 27-Anschlusses. Doch das Ergebnis ist nicht bindend. Das nötige Zustimmungsquorum von 20 Prozent der Stimmberechtigten wurde um lediglich 79 Stimmen verfehlt.

Anders als bei einer Wahl muss bei einem Bürgerentscheid eine Mindestanzahl an Bürgern für einen Vorschlag stimmen, damit dieser gültig ist. In Baden-Württemberg liegt dieses Zustimmungsquorum bei 20 Prozent der Abstimmungsberechtigten. Scheitert der Bürgerentscheid an dieser Hürde, liegt die Entscheidung wieder beim Gemeinderat. Das gilt auch für Neckarsulm und den B 27-Anschluss an der Binswanger Straße.


Bürgerentscheide können lokale Konflikte bei Sachthemen befrieden. Ein hohes Zustimmungsquorum ist hier nach den Erfahrungen von Mehr Demokratie sehr hinderlich. „Mit der Abstimmung muss ein verbindliches Ergebnis zustande kommen, sonst wird demokratische Beteiligung ad absurdum geführt. Es dürfen nicht die belohnt werden, die nicht zur Abstimmung gehen“, verweist König auf einen elementaren Fehler von Zustimmungsquoren.


„Schaut man nach Rheinland-Pfalz, sieht man, dass dort das Quorum in sechs Jahren zweimal gesenkt wurde und heute bei 15 Prozent liegt“, plädiert König für eine bürgerfreundlichere Regelung der Hürden bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden.

Betrachtet man Wahlbeteiligung und -ergebnisse bei Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg, erreichen viele Wahlsieger keine 20 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten. Legte man an Bürgermeisterwahlen dieselben Maßstäbe an wie an Bürgerentscheide, wären diese Wahlergebnisse ebenso ungültig.