Mehr Demokratie e.V. begrüßt sinnvolle Weiterentwicklung der Gemeindeordnung

Kritik an unsachlicher Polemik von Gemeindetags-Präsident Roger Kehle gegen mehr Bürgerbeteiligung

Mehr Demokratie e.V. kritisiert Gemeindetags-Präsident Roger Kehle wegen seiner Äußerungen gegen Bürgerbeteiligung. Kehle hatte sich gegen den am Mittwoch zu erwartenden Mehrheitsbeschluss des Landtages ausgesprochen, zumindest den Einleitungsbeschluss zur Erstellung eines neuen Bauleitplans auch für Bürgerentscheide zu öffnen. Dies sieht der Gesetzentwurf der Landesregierung für die neue Gemeindeordnung vor.


„Dass die Bürger zukünftig auch bei Grundsatzfragen, wo im Ort neu gebaut werden soll mitentscheiden können, ist das Herzstück der Reform der Landesregierung“, betonte Sarah Händel, Landesgeschäftsführerin von Mehr Demokratie e.V. Damit werde genau der Bereich für mehr Bürgerbeteiligung geöffnet, wo sich viele Bürger schon seit langem mehr Mitsprachemöglichkeiten wünschen.

 

Roger Kehles Pauschalangriff auf die Reform unterschlage, dass diese Regelungen bereits in neun andern Bundesländern sehr gut funktionieren und sich bewährt hätten. Wegen der vorgesehenen Frist von drei Monaten für ein Bürgerbegehren könne es auch zu keinen unbilligen Verzögerungen bei der Aufstellung von Bebauungsplänen kommen.


Wegen der aktuellen Herausforderung bei der Flüchtlingsunterbringung die Bürgerbeteiligung einschränken zu wollen, wie es Kehle gefordert hatte, ist nach Auffassung von Mehr Demokratie kurzsichtig und kontraproduktiv. Gerade bei der Flüchtlingsfrage sei eine ernsthaft durchgeführte Bürgerbeteiligung unverzichtbar, um den notwendigen Rückhalt in der Bevölkerung sicherstellen. Dass die Bürger sich ihrer Verantwortung bewusst sind, hätten auch die letzten zwei Bürgerentscheide in Au (19.07.) und Eisingen (20.09.) bewiesen. Dort hatten sich die Bürger mit klaren Mehrheiten für die Unterbringung von Flüchtlingen an den vom Gemeinderat vorgeschlagenen Orten ausgesprochen.


Der Demokratie Verein appelliert an die Gemeinderäte im Land, die direkte Demokratie auch als Chance zu betrachten: „Bei ungefähr der Hälfte der Entscheide bestätigen die Bürger die Pläne des Gemeinderates. Umstrittene Projekte können dann mit direktdemokratischer Mehrheit im Rücken befreit weiterverfolgt werden!“ Ein Beispiel sei der kürzliche Bürgerentscheid im baden-württembergischen Eschenbach zu einer Mehrzweckhalle: über 70 Prozent der Bürger haben sich beteiligten und sich mit 63 Prozent für die Gemeinderatsplanungen dazu ausgesprochen.


Ganz generell stärke nach Erfahrungen des Vereins eine faire direkte Demokratie die Politik vor Ort: Bürger interessieren sich mehr und informieren sich besser, wenn sie wissen, dass sie auch mal mitentscheiden können. „Kein Gemeinderat braucht übrigens zu befürchten, durch die geplante Reform überflüssig zu werden. Selbst im direktdemokratisch sehr aktiven Bayern, erlebt eine Kommune im Schnitt nur alle 16 Jahre ein direktdemokratisches Verfahren, und noch seltener einen Bürgerentscheid“, merkt Händel an.