Mehr Demokratie e.V. verleiht Demokratie-Preise 2008

Die erste Demokratie-Rose geht an die Gemeinde Weissach im Tal

Die Demokratie-Gurke bekommt der Stuttgarter Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster

Die Demokratie-Rose 2008 für fairen Umgang mit einem Bürgerbegehren geht nach Weissach im Tal. Mehr Demokratie überreichte erstmals diese Auszeichnung. In Weissach im Tal hatten Gemeinderat und Initiative einen Kompromiss ausgearbeitet und so einen Bürgerentscheid entbehrlich gemacht.

Auf derselben Pressekonferenz wurde zum vierten Mal die Demokratie-Gurke verliehen. Sie ging an den Oberbürgermeister von Stuttgart, Dr. Wolfgang Schuster. Er habe den Weg zu einem Bürgerentscheid über Stuttgart 21 eher verbaut als geöffnet.

Fabian Reidinger, Landesvorstandsmitglied von Mehr Demokratie e.V., stellte eingangs fest, „dass sich der Trend, auf Bürgerbegehren positiv zu reagieren, erfreulicherweise verstärke; Heidelberg mit dem Bürgerentscheid über den Wohnungsverkauf sei dafür ein gutes Beispiel.“ „Die Gemeinde Weissach im Tal zeigt“, so Prof. Roland Geitmann (Kehl) in seiner Laudatio, „dass Bürgerbegehren durch kooperative Handhabung einvernehmliche Lösungen ermöglichen.“ Anzuerkennen sei, dass sich Gemeinde und Initiative durch die von der Rechtsaufsichtsbehörde zunächst erhobenen Bedenken nicht beirren ließen und schließlich die Zustimmung des Landrats erreichten. Die Vertreter der Gemeinde Weissach im Tal mit Bürgermeister Ian Schölzel an der Spitze nahmen die Ehrung als willkommene Bestätigung gern entgegen. Oberbürgermeister Dr. Schuster hatte es dagegen vorgezogen der Veranstaltung fernzubleiben.

Die Stadt Stuttgart habe es leider versäumt, sich der Zustimmung der Bevölkerung zum Projekt Stuttgart 21 zu vergewissern, bedauerte Professor Geitmann. Mittels Hauptsatzungsregelung wäre ein Bürgerentscheid hierüber schon vor vielen Jahren möglich gewesen, während der Bürgerschaft dieses Instrument bis zum Jahr 2005 versperrt war.

Umso dringlicher wäre es gewesen, gemeinsam trotz vorangeschrittener Planung noch einen Weg zum Bürgerentscheid zu finden. Stattdessen habe die Stadt durch Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung rechtlich Fakten geschaffen. Es werde deshalb großer Anstrengungen bedürfen, die dadurch entstandene Frustration in der Bevölkerung in positives Engagement zu verwandeln.

In Baden-Württemberg gehe der Trend zur Zeit in Richtung Weissach und nicht Stuttgart. In den letzten Jahren wurde das Anliegen von Bürgerbegehren in etlichen Fällen übernommen; von 1956 bis 2007 gab es 15 solcher Vorgänge, davon sieben seit 2006. Auch bei bestehenden Zweifeln an der Zulässigkeit entschieden sich Gemeinderäte wiederholt selbst für einen Bürgerentscheid (fünf Fälle: Waldenburg, Leutkirch, Geislingen, Salem, Heidelberg)