Der Verein Mehr Demokratie weist darauf hin, dass es zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist, ein Volksbegehren online auf den Weg zu bringen. Die kürzlich gestartete Unterschriftensammlung zum Thema Gendern, könne daher kein zulässiges Volksbegehren bewirken. Sowohl die 10.000 Unterschriften für die erste Stufe (Antrag auf Volksbegehren) als auch die darauf folgenden ca. 800.000 Unterschriften für das eigentliche Volksbegehren, müssen auf Papierlisten gesammelt und im Original beim Innenministerium eingereicht werden. Der Verein fordert jedoch die Online-Sammlung zügig einzuführen, damit es für die Bürgerinnen und Bürger leichter wird, sich für ein Thema zu engagieren.
„Es ist schwer vermittelbar, dass ich heute mit dem Handy kontaktlos meinen Einkauf bezahlen kann, aber Instrumente der Bürgerbeteiligung von mir verlangen, ein Formblatt auszudrucken, es zu unterschreiben und dann per Post wegzuschicken“, so Händel. Viele Menschen hätten nicht die Zeit diesen Aufwand zu betreiben. Im Land der Politik des Gehörtwerdens solle es den Menschen nicht unnötig schwer gemacht werden, sich politisch einzubringen.
„Solange die Unterschriften für ein Volksbegehren nicht online gesammelt werden können, haben normale Bürgerinnen und Bürger wenig Chancen diesen Weg der Bürgermitsprache zu nutzen“, so Sarah Händel, Landesgeschäftsführerin von Mehr Demokratie e.V.. Die Bilanz sei auch dementsprechend dünn. Seit der Reform der direkten Demokratie 2015 habe in Baden-Württemberg nur die SPD mit ihrem Kita-Volksbegehren die erste Stufe zum Volksentscheid erfolgreich bewältigt. Zu einem Volksbegehren (2. Stufe) kam es jedoch auch dort nicht, da der Fall durch das Landesverfassungsgericht gestoppt wurde.
Hintergrund:
Eine über ein Onlineportal organisierte elektronische Unterschriftensammlung für den Antrag auf Volksbegehren und das Volksbegehren wäre heute technisch möglich und sicher umsetzbar. In Verbindung mit dem E-Ausweis, der jetzt auch mittels Smartphone nutzbar ist, ist eine eindeutige Identifizierung von Personen möglich und Doppelunterschriften können ausgeschlossen werden. Schleswig-Holstein hat die elektronische Sammlung für die erste Stufe zum Volksbegehren schon eingeführt und Berlin hatte sie im letzten Koalitionsvertrag vereinbart, auch mit dem Argument der Kosteneinsparungen für die Verwaltung, die alle Unterschriften einzeln prüfen muss.
So funkioniert direkte Demokratie auf Landesebene:
Es müssen 10.000 Unterschriften für einen Antrag auf Volksbegehren (1. Stufe) gesammelt werden. Das Innenministerium prüft die Zulässigkeit des Bürgeranliegens. Bei Zulässigkeit startet das Volksbegehren (2. Stufe), für das ca. 800.000 Unterschriften innerhalb von 6 Monaten gesammelt werden müssen. Ein erfolgreiches Volksbegehren wird entweder vom Parlament übernommen oder es führt zum Volksentscheid. Beim Volksentscheid müssen mindestens 20 Prozent der Abstimmenden dem Vorschlag zustimmen, damit der Volksentscheid gültig.
Mehr Demokratie ist ein gemeinnütziger Verein, der Bürgerinitiativen berät, die ein Bürger- oder Volksbegehren starten wollen, zu den einzelnen Themen der Initiativen ist der Verein neutral.