Volksabstimmung zu S21 taugt nicht als Vorbild Heute

Umgang mit direkter Demokratie nicht faktenorientiert

Zum 10-jährigen Jahrestag der Volksabstimmung zu Stuttgart 21 am kommenden Samstag den 27. November, äußert sich der Mehr Demokratie e.V. wie folgt: „Eine 10 Jahre alte Volksabstimmung, deren Faktengrundlage durch Kostenexplosion überholt ist, hat als Legitimationsgrundlage ausgedient. Die Verantwortung für das Projekt liegt voll und Ganz bei der Politik“, so Sarah Händel, Landesgeschäftsführerin von Mehr Demokratie Baden-Württemberg.

Die damalige Situation und der Umgang mit der direkten Demokratie bei Stuttgart 21 taugten nicht als Vorbild: “Die Abstimmung kam zu spät weswegen Ausstiegskosten von 1,5 Milliarden eine neutrale Abstimmung verhinderten. Sie fand unter unfairen Bedingungen (hohes Quorum) statt und wurde viel zu lange als Vorwand genutzt, wenn es um Unzulänglichkeiten des Projekts ging“, so Händel. Der damalige Einsatz der Abstimmung als politischem Notnagel, sowie die gerade aufkommende Debatte zur Rolle der direkten Demokratie bei der Energiewende, zeigten den immer noch instrumentellen Umgang mit Bürger- und Volksentscheiden.

„Momentan wird die direkte Demokratie als Sündenbock hingestellt, der die Energiewende aufhält – dabei sprechen die Zahlen eine ganz andere Sprache“, kritisiert Händel. Gerade einmal sieben Bürgerentscheide habe es in den letzten drei Jahren in den 1101 baden-württembergischen Gemeinden zum Thema Wind- und Solarenergie gegeben. In nur einem einzigen Fall, in Münstertal Anfang 2019, wurden per Abstimmung zwei Windräder verhindert, obwohl der Gemeinderat dafür war. In vier Fällen hingegen entschied die Bevölkerung für den vom Gemeinderat geplanten Wind- oder Solarpark und in zwei Fällen war es die Bürgerinitiative, die die Idee eines Solarparks einbrachte, aber dann im Entscheid gegen die Gemeinderatsmehrheit verlor, die die Projekte ablehnte.

„Die Fakten geben es schlicht nicht her, aktives Bürgerengagement nur als Bremse zu sehen und die Bürgerinnen und Bürger als Protestler hinzustellen, denen der Wandel aufgezwungen werden muss“, so Händel. Tatsächlich gebe es sogar im Gegenteil immer mehr Initiativen, die Motoren der Energiewende vor Ort sein wollen, weil ihnen die lokale Politik in Sachen Klimawende zu langsam agiere. Für diese Initiativen sei es wichtig, dass Instrumente zur Verfügung stehen, um Debatten anzustoßen und auch die Möglichkeit besteht, direkte Abstimmungen herbeizuführen.