Volksbegehren will Parlament überzeugen Beteiligungslücke zu schließen

5.000 Unterschriften für mehr Bürgermitbestimmung in den Landkreisen

Noch immer ist Baden-Württemberg neben Hessen das einzige Bundesland ohne Bürgerentscheide auf Landkreisebene. Das könnte sich bald ändern: Bereits 5.000 Unterschriften hat das Aktionsbündnis „Erhalt der Helfenstein-Klinik“ für ein landesweites Volksbegehren zur Einführung von Bürgerbegehren in den Landkreisen gesammelt.

Der Unmut vieler Bürgerinnen und Bürger bei Kreisentscheidungen keinen Einfluss nehmen zu können, ist groß. Im Landkreis Göppingen hat nach jahrelangen Diskussionen zur Müllverbrennungsanlage nun der Kreistagsbeschluss zur Schließung der Helfenstein-Klinik den Start des landesweiten Volksbegehrens ausgelöst. „Mitansehen zu müssen, dass die für uns sehr wichtige Klinik geschlossen wird, macht hilflos und wütend. Wir wollten auf demokratischen Wegen unsere Haltung kundtun, aber die gibt es auf Kreisebene schlicht nicht. Deswegen haben wir jetzt das Volksbegehren gestartet“, so Holger Schrag vom Aktionsbündnis „Erhalt der Helfenstein-Klinik".

Auch der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer schlägt in die gleiche Kerbe, wenn er nach einem Konflikt über den Bau einer neuen Stadtbahnlinie in der Stadt Tübingen sagt: „Im Landkreis Tübingen haben viele Bahnfahrer bedauert, dass sie nicht mitstimmen durften, über die für sie besonders wichtige Innenstadtstrecke der Regionalstadtbahn Neckar-Alb.“

Für das Volksbegehren, das Bürgeranträge, Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in allen Landkreisen einführen möchte, braucht es in der ersten Stufe 10.000 Unterschriften. Bisher sind in wenigen Wochen 5.000 Unterschriften gesammelt worden. „Es gibt schon seit langer Zeit eine rechnerische Mehrheit im Landtag für Bürgermitsprache auch auf Kreisebene, aber ein Gesetz dazu wurde bisher immer blockiert. Das Volksbegehren will den Anstoß geben, die Beteiligungslücke auf Kreisebene endlich zu schließen“, so Dr. Edgar Wunder, Landesvorstandssprecher von Mehr Demokratie Baden-Württemberg, der die Initiatoren berät und den zugrundeliegenden Gesetzentwurf verfasst hat.

Noch im Oktober 2020 wurde ein entsprechendes Gesetz Landesregierung abgelehnt, dabei ist der Bedarf durchaus vorhanden. Mehr Demokratie erhalte als landesweit einzige Beratungsstelle für Bürgerbegehren durchschnittlich etwa vier Anfragen pro Jahr, zu den Möglichkeiten von Bürgerengagement zu Kreisthemen. „Bürgerbeteiligung geht in den Kommunen und auf Landesebene, wieso die Kreisebene dazwischen ausgeklammert bleibt, können die Bürgerinnen und Bürger nicht nachvollziehen", so Wunder.

Kommen 10.000 Unterschriften zusammen, wird der Antrag auf Zulassung des Volksbegehrens eingereicht, danach können ein Volksbegehren und als letzter Schritt auch ein landesweiter Volksentscheid folgen. Alle Bürgerinnen und Bürger aus Baden-Württemberg ab 18 Jahren, sind berechtigt, das Volksbegehren mit einer Unterschrift zu unterstützen.

Unterschriftenblatt und Gesetzentwurf finden Sie hier und hier.

Hier geht es zur Seite des Aktionsbündnisses.