Volksentscheide sollten nicht am Quorum scheitern

Mehr Demokratie fordert Konsequenzen aus Berliner Volksabstimmung

Am gestrigen Sonntag scheiterte der Volksentscheid über die Rekommunalisierung des Berliner Stromnetzes trotz einer Zustimmungsrate von 83 Prozent an den formalen Hürden. Der Landesverband  der Initiative Mehr Demokratie Baden-Württemberg fordert Konsequenzen für die anstehende Reform der Volksabstimmungsregeln in Baden-Württemberg. „Der Berliner Volksentscheid hat erneut gezeigt, wie negativ hohe Abstimmungshürden wirken, die angedachte Senkung des Quorums auf 20 Prozent in Baden-Württemberg  muss noch mal überdacht werden“, fordert Vorstandsmitglied Sarah Händel.


In der Hauptstadt hatten gestern eine Mehrheit von 83 Prozent der Wähler für die Gründung eigener Stadtwerke und den Rückkauf der Energienetze vom Betreiber Vattenfall gestimmt. Weil das Volksbegehren aber nicht die gesetzlich erforderliche Mindestzustimmung von 25 Prozent aller Wahlberechtigten erreicht hat, ist die Abstimmung nun ungültig. Für den Vorschlag des Bündnisses „Energietisch“ hatten 595.565 Berliner oder 24,1 Prozent aller Wahlberechtigten gestimmt. Dagegen nur 121.111 Wähler, also 17 Prozent. „Damit ist eine kleine Minderheit durch das Quorum zum Abstimmungssieger bestimmt worden“, kritisiert Händel. 


In Baden-Württemberg wird derzeit in der interfraktionellen Arbeitsgruppe über eine Senkung des Quorums von 33 auf 20 Prozent nachgedacht. „In Anbetracht unserer Erfahrungswerte ist die Senkung auf 20 Prozent in vielen Fällen leider nicht ausreichend“, so Sarah Händel, „zwar hätte in Berlin ein 20 Prozent-Quorum der Abstimmung zur Gültigkeit verholfen, aber nur weil die Zustimmungsrate zum Vorschlag überdurchschnittlich hoch war. Ist das Verhältnis zwischen JA und NEIN-Stimmen ausgeglichener, wird ein Erreichen des Quorums schwierig“. Mehr Demokratie vertritt die Position bei einer Volksabstimmung gar keine Hürde anzusetzen: die einfache Mehrheit soll entscheiden, ob der Vorschlag angenommen ist oder nicht.  „Auch in der Wissenschaft herrscht mittlerweile große Einigkeit über die schädliche Wirkung von Quoren bei einer Volksabstimmung“, so Händel weiter, “die Wähler sind frustriert, wenn nicht gemacht wird, wofür sich eine Mehrheit an der Urne ausgesprochen hat und nur bei einer quorumsfreien Abstimmung siegen die besten Argumente, weil beide Seiten wissen, dass sie sich anstrengen müssen die Wähler zu überzeugen.“

 

Mehr Informationen zur negativen Wirkung von Abstimmungsquoren: www.mitentscheiden.de/fileadmin/pdf/2012-12-04_Die_Quorumsfrage.pdf