Unsere Reformvorschläge

Die Verfassungsänderung 2015

Im Jahr 2015 initiierte die damalige grün-rote Landesregierung eine Verfassungsänderung hinsichtlich der Regelungen zu Volksanträgen, Volksbegehren und Volksentscheiden. Diese Reform war wichtig: Die Zahl der benötigten Unterschriften für ein erfolgreiches Volksbegehren wurde auf 10 % der Wahlberechtigten gesenkt, das Abstimmungsquorum im Falle eines Volksentscheids auf 20% der Wahlberechtigten. Diese Reformen hoben Baden-Württemberg vom letzten Platz im Volksentscheidsranking auf einen passablen siebten Platz.

Jetzt muss das Volksabstimmungsgesetz folgen

Wir meinen: Da geht noch mehr. Um die Volksgesetzgebung in Baden-Württemberg zu verbessern, ist aber keine weitere Verfassungsänderung nötig. Stattdessen ist das Volksabstimmungsgesetz reformbedürftig. Das Volksabstimmungsgesetz ist das der Verfassung nachgeordnete Ausführungsgesetz. D.h. darin stehen die Detailregelungen des Verfahrens, die die Verfassung überfrachten würden. Das Volksabstimmungsgesetz stammt in seiner ersten Fassung aus den 70er Jahren und ist seitdem nur situationsbedingt und punktuell, nicht systematisch weiterentwickelt worden. Das führt zu überkommenen Regeln, klaren Lücken und einem wenig nutzerfreundlichen Aufbau. Mit einer grundlegenden Überarbeitung dieses Gesetzes ließen sich Verfahren der Volksgesetzgebung anwendungsfreundlich und rechtssicher gestalten. Der Clou: Anders als bei einer Verfassungsänderung wird für eine Reform des Volksabstimmungsgesetzes keine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigt. Eine Reform ist damit verhältnismäßig leicht umsetzbar, wenn es im Landtag den politischen Willen dazu gibt.

Was muss sich ändern?

Einer der Kritikpunkte des Verfassungsgerichtshofs am Volksbegehren für gebührenfreie Kitas von 2019 war die mangelnde Bestimmtheit des Gesetzentwurfs des Begehrens. Ein solches Unzulässigkeitskriterium ließe sich leicht umgehen, wenn eine Fortentwicklung während des Verfahrens ermöglicht würde - analog zu Parlamentsgesetzen. Denn auch aus dem Landtag kommt kein Gesetz heraus, wie es hineinkam.

Auch Fristen müssen besser geregelt werden. Wird ein Volksbegehren vom Innenministerium für unzulässig erklärt, bleibt den Initiatoren eine zweiwöchige Frist, um einen ausgearbeiteten Widerspruch einzulegen. Eine Frist, bis wann der Verfassungsgerichtshof in einem anhängigen Verfahren zu beschließen hat, besteht hingegen nicht. Eine längere Widerspruchsfrist, eine realistische, doch nicht zu lange Frist für Gerichtsverfahren: So würde der - hoffentlich selten nötige - Rechtsweg fairer.

Ist ein Volksbegehren erst gestartet, kann es - anders als ein Bürgerbegehren auf Gemeindeebene - nicht zurückgezogen werden. Im Fall des Artenschutz-Volksbegehrens 2019 führte diese Regelung zu der wenig nachvollziehbaren Situation, dass Regierung und Initiatoren zwar einen Kompromiss erarbeiteten, das Begehren aber formal weiterlief - und damit formal als gescheitert zu betrachten ist. Denn nach dem Kompromiss sammelten die Initiatoren nicht aktiv weiter, das Unterschriftenquorum wurde entsprechend verfehlt.

Ein Relikt aus Zeiten ohne Internet ist schließlich die Verantwortung von Begehrensinitiatoren, alle 1101 Kommunen auf eigene Kosten mit genügend Unterschriftenlisten zu versorgen. Wesentlich anwendungsfreundlicher und effizienter wäre der Versand als PDF vom Innenministerium an die Gemeinden - die dann selbst bedarfsgerecht drucken und nachdrucken könnten.

Insgesamt haben wir 15 Eckpunkte zusammengestellt, die dringend zu bearbeiten sind. Die Eckpunkte stehen hier zum Download bereit.