Eines der Highlights: Gleich vier Vertreter von Volksinitiativen die in den letzten zwei Jahren den beschwerlichen Weg des Volksantrags (oder Antrag auf Volksbegehren) gegangen sind berichten aus der Praxis. Das positivste Vorweg: Einige Initiativen waren auf die ein oder andere Weise erfolgreich. So hat beispielsweise die Initiative für die Widereinführung von G9 geschafft, was die Landesregierung eigentlich ausgeschlossen hatte. Es wird zukünftig wieder die Möglichkeit geben in neun Jahren das Gymnasium zu absolvieren.
Auch das Volksbegehren gegen Gendersprache in Behörden „Stoppt Gendern in Baden-Württemberg“ war auf besondere Weise erfolgreich. Aufgrund formeller Fehler vom Innenministerium für unzulässig erklärt, wurde es dank politischer Anschlussfähigkeit von der Landesregierung in Form einer Verwaltungsvorschrift für Behörden umgesetzt.
Im Folgenden werden die Reformvorschläge, die das Symposium ergeben hat, dargestellt:
- Digitale Unterschriftensammlung ist zeitgemäß und muss ermöglicht werden
- Zulässigkeitsprüfung des Volksbegehrens vor der Unterschriftensammlung
- Frühzeitiger Austausch zwischen Initiative und Innenministerium
- Längere Fristen, um Widerspruch einzureichen
- Einführung einer Frist in der der Verfassungsgerichtshof über Widerspruch entscheiden muss (Vorbild Bayern)
- Weiterentwicklung des eingereichten Gesetzentwurfs in Zusammenarbeit mit der Politik während des Verfahrens (Vorbild Berlin)
- Umschreibung des Volksabstimmungsgesetzes für bessere Verständlichkeit
Kommunale Ebene
Auch auf kommunaler Ebene gibt es Reformbedarf. Prof Dr. Arne Pautsch (Verwaltungshochschule Ludwigsburg) präsentierte ein im Jahr 2023 erarbeitetes Gutachten das sich mit Baustellen auf der Kommunalen Ebene beschäftigt. Zentrale Punkte sind hierbei:
- Einführung einer fakultativen vorgezogenen Zulässigkeitsprüfung (Vorbild NRW)
- Ersetzen des Kostendeckungsvorschlags durch eine Kostenschätzung der Verwaltung (Vorbild RLP)
- Einführung einer fakultativen Verfahrensaussetzung zum Zwecke der dialogischen Bürgerbeteiligung
- Alternativvorschlag durch den Gemeinderat und Einführung des Stichentscheids
- Normierung einer Rücknahmemöglichkeit
- Mündliche Anhörung der Vertrauenspersonen festschreiben
Weitere Beteiligungsinstrumente: Fakultatives Referendum und Bürgerrat
Prof. Daniela Winkler und Dr. Marc Zeccola (beide Universität Stuttgart) beleuchten Partizipation auf verfassungsrechtlich Ebene. Unter anderem geht es um Chancen aber auch verfassungsrechtliche Bedenken, die einer Einführung des fakultativen Referendums entgegenstehen. Diese Bedenken führten dazu, dass das fakultative Referendum bei der letzten Verfassungsreform in Thüringen nicht eingeführt wurde.
Das immer öfter eingesetzte Instrument des Bürgerrats (in Baden-Württemberg oft Bürgerforum genannt) wurde ebenfalls betrachtet. Neben Vorteilen wie Akzeptanz- und Legitimationseffekten, einer Versachlichung der Diskussion und der unmittelbaren Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern, gibt es auch gewisse Bedenken. Diese bestehen aus verfassungsrechtlicher Sicht unter Anderem in einen möglichen Verstoß gegen den Vorrang der repräsentativen Demokratie (vgl. auch Homogenitätsprinzip) – und in Widerspruch zum Regelungssystem von Grundgesetzt und Landesverfassung.
Auf dem Youtube Kanal des Bundesverbands finden Sie das gesamte Symposium zum Nachschauen!