Der aktuelle Streit um das Wahlrecht zeigt nach Ansicht des Vereins Mehr Demokratie vor allem eines: Wenn es zum Wahlrecht kommt, sind alle Abgeordneten befangen. Denn ihre Chancen, wiedergewählt zu werden, hängen vom Wahlrecht ab. Zu lösen sei dieses Dilemma nur mittels einer öffentlichen Beteiligung neutraler Akteure oder wenn schlicht die Bürger per Volksentscheid in dieser Frage entscheiden.
"Bei der Altersversorgung der Abgeordneten sind die Regierungsfraktionen schon einmal in diese Falle getappt und jetzt passiert es beim Wahlrecht schon wieder", kommentiert Sarah Händel, Landesgeschäftsführerin von Mehr Demokratie Baden-Württemberg. "Ist die eigene Betroffenheit offensichtlich, sind vertrauliche Abmachungen im Hinterzimmer genau der falsche Weg. Was es braucht sind Expertenanhörungen, Formate wie Bürgerforen und eine breite öffentliche Debatte darüber, was ein modernes Wahlrecht heutzutage zu leisten hat".
Wird im Landtag eine Wahlrechtsreform weiterhin blockiert, könnten die Bürger auch mittels Volksbegehren einen eigenen Gesetzentwurf zum Wahlrecht einbringen und landesweit darüber abstimmen lassen. Dadurch könnten noch ganz andere Vorschläge auf den Tisch kommen, wie etwa die Erhöhung der Stimmenanzahl, um differenzierter die eigenen Präferenzen auszudrücken, oder die Einführung einer Ersatzstimme, um die Stimmen für Parteien, die an der 5-Prozent-Hürde scheitern, ersatzweise auf größere Parteien übertragen zu können.
Weiterführende Erläuterung:
Durch die Einführung einer sogenannten Ersatzstimme bei der Wahl könnten die Wähler immer diejenige Partei wählen, die am ehesten ihrer Präferenz entspricht. Schafft diese die 5 Prozent-Hürde nicht, kommt die Ersatzstimme zum Tragen. Was die Stimmenzahl betrifft ist Baden-Württemberg mit einer einzigen Stimme für die Landtagswahl bundesweit Schlusslicht. In Bremen beispielsweise haben die Bürger 5 Stimmen, wie bei der Kommunalwahl kann kumuliert und panaschiert werden.