Die Volksabstimmung über Stuttgart 21 war ein Einstieg für mehr Bürgermitbestimmung in Baden-Württemberg. Doch eine Volksabstimmung von oben reicht dem Verein Mehr Demokratie nicht aus. Volksabstimmungen sollen auch von unten durch die Bürger initiiert werden können. Dafür müssen die Hürden für Volksbegehren, durch die eine Volksabstimmung herbeigeführt wird, abgesenkt werden. „Wir haben großes Vertrauen“, so Reinhard Hackl vom Landesvorstand von Mehr Demokratie, “dass die Regierung ihre Ankündigungen aus dem Koalitionsvertrag umsetzt und die Reformen auf allen Stufen vorantreibt“.
„Das Quorum bei Volksabstimmungen ist nicht das einzige Manko Baden-Württembergs, wenn es um die direkte Demokratie geht. Der Grund, warum es in Baden-Württemberg noch nie einen von unten initiierten Volksentscheid gab, ist nicht das Quorum, sondern die hohen Hürden zuvor“, erklärt Hackl. Das Verfahren ist dreistufig. Zuerst müssen 10.000 Unterschriften gesammelt werden. Auf der zweiten Stufe müssen dann in 2 Wochen 16 % (1, 25 Millionen) der Wahlberechtigten in Rathäusern unterschreiben, dass sie einen Volksentscheid befürworten. Erst dann kann auf der dritten Stufe mittels Volksentscheid eine verbindliche Entscheidung erfolgen. Mehr Demokratie fordert Reformen auf allen drei Stufen: wenn 10.000 Unterschriften gesammelt worden sind, soll der Landtag verpflichtet sein sich mit dem Antrag zu befassen (Volksinitiative). Auf der zweiten Stufe soll das Unterschriftenquorum auf 5 Prozent gesenkt, die Sammelzeit auf mindestens 6 Monate erhöht und die Sammlung auch außerhalb der Rathäuser erlaubt werden.
“Man muss bedenken“, so Hackl, „dass 5 Prozent der Baden-WürttembergerInnen immer noch 375.800 Menschen sind, das sollte als Qualifizierungshürde ausreichen. Danach ist beim Volksentscheid kein Quorum mehr nötig, denn in der Abstimmung muss es jedem selbst überlassen werden, ob er sich per Stimmzettel äußern möchte. Die Mehrheit soll entscheiden, wie bei Wahlen auch“, argumentiert Hackl.
In Bayern gibt es für Volksentscheide ebenfalls kein Quorum und trotzdem gab es seit 1946 erst 6 Volksentscheide. „Ängste bezüglich einer Aufweichung der repräsentativen Demokratie aufgrund einer Absenkung der Hürden für direkte Demokratie, sind völlig unbegründet“ führt Hackl aus. Eine Studie aus der Schweiz hat zudem ergeben, dass es zwar Minderheiten manchmal gelingt ihre Anhänger stärker zu mobilisieren, auf das Ergebnis der Abstimmung hatte dies jedoch nur in einem einzigen von 19 Fällen einen entscheidenden Einfluss. „Auch die Befürchtung, dass extreme Minderheiten sich gegen die schweigende Mehrheit durchsetzten, wird demnach nicht von der Praxis bestätigt“, schließt Hackl.