Eutingens Bürgerentscheid hat landesweite Bedeutung

Es ist der letzte Bürgerentscheid in ganz Baden-Württemberg,

bevor ab dem 1. Dezember gesetzliche Neuregelungen mehr Fairness

bei Bürgerentscheiden garantieren.

 

Am Sonntag (8.11.) findet in Eutingen der letzte Bürgerentscheid in der Geschichte Baden-Württembergs statt, bevor am 1. Dezember die vom Landtag am 14. Oktober beschlossene neue Gemeindeordnung mit verbesserten Regelungen für Bürgerentscheide in Kraft tritt. Die aktuellen Vorgänge in Eutingen zeigen, wie notwendig die Reform war.

Eutingen im Landkreis Freudenstadt stimmt am Sonntag über die Frage ab, ob dort ein großes Terminal zur Verladung von Seehafencontainern von der Schiene auf die Straße errichtet werden soll. Eine große Mehrheit im Gemeinderat ist dafür. Ein erheblicher Teil der Bürgerschaft dagegen. Nicht weniger als 31 % der Bürger setzten im September mit ihrer Unterschrift für ein Bürgerbegehren einen Bürgerentscheid gegen das Terminal durch, obwohl dafür 10 % bereits ausreichend gewesen wären.

Um für mehr Fairness bei der Vorbereitung eines Bürgerentscheids zu sorgen, sieht die neue Gemeindeordnung u.a. vor, dass die Vertrauenspersonen eines Bürgerbegehrens im Gemeinderat angehört werden müssen. Die Gemeinden werden verpflichtet, in der Informationsbroschüre zum Bürgerentscheid nicht nur die Meinung von Bürgermeister und Gemeinderat darzustellen, sondern auch die Vertrauenspersonen des Bürger-begehrens darin gleichberechtigt zu Wort kommen zu lassen. Denn Pro- und Contra-Argumente sollen im amtlichen Informationsmaterial ausgewogen repräsentiert sein.

Das neue Gesetz tritt aber erst zum 1. Dezember in Kraft. Viele Gemeinden hielten sich auch schon bisher freiwillig an solche Grundsätze der Fairness, z.B. die Stadt Rottweil beim Bürgerentscheid vom 20. September 2015. Das sorgte für ein relativ sachliches Miteinander von Befürwortern und Gegnern.

Nicht so in Eutingen. Der Bürgermeister verweigerte den Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens eine Anhörung im Gemeinderat. In der Informationsbroschüre zum Bürgerentscheid ließ die Gemeinde die Gegner des Verladeterminals nicht zu Wort zu kommen. Die Debatte eskalierte auf einer emotionalen Ebene. 

„Unausgewogene Informationen in amtlichen Broschüren oder die Verweigerung der Anhörung von Vertretern eines Bürgerbegehrens im Gemeinderat wird es zukünftig bei Bürgerentscheiden nicht mehr geben, weil dies das neue Gesetz untersagt“, erklärte der Landessprecher von Mehr Demokratie e.V., Edgar Wunder. Eutingen werde als letzter derartiger Fall in die Geschichte Baden-Württembergs eingehen, bevor am 1. Dezember das neue Gesetz in Kraft tritt. Denn der nächste darauf folgende Bürgerentscheid findet erst am 6. Dezember in Mönsheim (Enzkreis) statt.

Zum 1. Dezember ändert sich auch die Höhe des Quorums, das für die Gültigkeit eines Bürgerentscheids zu überwinden ist. Wird am 8. November in Eutingen – ebenfalls letztmalig in der Geschichte Baden-Württembergs – noch ein 25%-Zustimmungsquorum gelten (d. h. mindestens 25% aller Wahlberechtigten müssen mit „Ja“ stimmen), werden in Mönsheim am 6. Dezember und bei allen anderen zukünftigen Bürgerentscheiden 20% ausreichend sein. „Es kommt deshalb darauf an, dass in Eutingen möglichst viele an der Abstimmung teilnehmen, damit der Bürgerentscheid auch gültig zustande kommt“, betonte Wunder.

 

gez.

Dr. Edgar Wunder

Landessprecher Mehr Demokratie e.V. Baden-Württemberg