Heute wurde im Landtag nach über drei Jahren andauernden Verhandlungen zwischen den Landtagsfraktionen eine Verfassungsänderung beschlossen, um die Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide zu senken. Mehr Demokratie bezeichnet die beschlossenen Erleichterungen als maßgeblichen Demokratie-Fortschritt. Der Verein rechnet es hoch an, dass Regierung und Opposition zusammengearbeitet haben, um die Mitbestimmungsrechte der Bürger auszubauen. Zukünftig können die Bürger mit ca. 38.000 Unterschriften einen Vorschlag in den Landtag einbringen und mit nochmaligen ca. 770.000 Unterschriften einen landesweiten Volksentscheid anstoßen.
„Mit der Reform beginnt eine neue Ära. Endlich können die Bürger selbst Volksentscheide anstoßen, das war bisher mit den hohen Hürden gar nicht möglich“, erklärte Sarah Händel, Landesgeschäftsführerin von Mehr Demokratie e.V. in Baden-Württemberg. Dass die direkte Demokratie nach den Gemeinden nun auch auf der Landesebene gestärkt werde, spreche eine klare Einladung an die Bürger aus, sich aktiver an der Demokratie zu beteiligen.
Doch auch für die Parlamente sei die Reform ein Gewinn. „Kritische Bürger, die sich besser informieren und mehr einbringen, bringen die Parlamentarier dazu, Anliegen der Bevölkerung ernster zu nehmen“, so Händel. Das bedeute aber nicht, dass man dann dem Volk nach dem Mund reden müsse, sondern zunächst, dass politische Vorhaben den Bürgern besser erklärt werden. Können diese das ein oder andere Projekt der Regierung dennoch nicht gutheißen oder wollen selbst einen Vorschlag einbringen, könne ein Bürgerbündnis nun mit den notwendigen Unterschriften einen Volksentscheid anstoßen. Ob die Mehrheit dann in diesem Sinne entscheide, sei jedoch völlig offen.
Damit die direkte Demokratie befriedet und nicht spalte, sei es am wichtigsten, dass die Verfahren fair ablaufen, so Händel. Der Demokratie-Fachverband sieht daher auch nach der Reform noch Verbesserungsbedarf vor allem an zwei Punkten. Ein Quorum von 20 Prozent bei der Abstimmung sei immer noch zu hoch, denn nichts beschädige eine direkte Abstimmung mehr als eine Mehrheit in der Sache, die aber am Quorum scheitere. Der zweite Punkt betreffe die Möglichkeit, Abstimmungen mit Wahlen zusammen zulegen. Mit dem jetzigen Gesetz sei das schwer zu machen. „Die Zusammenlegung mit Wahlen sollte immer möglich sein, um eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen, aber auch wegen der großen Kostenersparnisse“, fordert Händel.