Mehr Demokratie veröffentlicht bundesweiten Volksbegehrensbericht

Baden-Württemberg noch Schlusslicht, aber geplante Reform verspricht Besserung

Der heute vom Verein Mehr Demokratie veröffentlichte Volksbegehrensbericht spricht deutliche zahlen: noch nie gab es in Baden-Württemberg einen von den Bürger/innen initiierten Volksentscheid, während im Spitzenreiter Hamburg jedes halbe Jahr ein Verfahren aus dem Volk heraus gestartet wird. „Über die vergangenen sechzig Jahre hat Baden-Württemberg es versäumt, die in der Praxis völlig unanwendbaren Regeln zu landesweiten Volksentscheiden zu reformieren, während in den meisten anderen Bundesländern die Bürger schon aktiv von der direkten Demokratie Gebrauch machten“, kritisiert Sarah Händel, Geschäftsführerin des Landesverbandes Baden-Württemberg. Die vergangene Woche von den Landtagsfraktionen verkündete Senkung der Hürden sei ein lange überfälliger Schritt, damit in Baden-Württemberg endlich Erfahrungen mit den Instrumente der direkten Demokratie gesammelt werden könnten. Auch die neu geplante Volksinitiative sei ein wichtiges Instrument für die Bürger/innen, um eigene Akzente in der Landespolitik zu setzen. Mit der geplanten Reform werde Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich ins Mittelfeld aufrücken.


Der Volksbegehrensbericht untersucht die Entwicklung der direkten Demokratie auf Landesebene. „Es bestätigt sich: Volksbegehren werden dort genutzt und entfalten ihre Wirkung auf die Politik, wo sie bürgerfreundlich geregelt sind. Hier gibt es einen Reformstau, der sich 2015 in einigen Ländern endlich auflösen könnte“, sagt Ralf-Uwe Beck, Bundesvorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie.

Seit der Einführung in den ersten Bundesländern (Bayern und Hessen) 1946 wurden deutschlandweit 324 direktdemokratische Verfahren eingeleitet. Die meisten davon (299) haben Bürgerinnen und Bürger durch Unterschriftensammlungen ausgelöst. In 25 Fällen war ein Volksentscheid gesetzlich vorgeschrieben, fand also ohne vorherige Unterschriftensammlung statt. „In knapp 60 Jahren wurden zwar mehr als 300 Unterschriftensammlungen gestartet – es gab aber nur 85 Volksbegehren und 22 Volksentscheide“, stellt Beck fest. „64 Prozent aller Verfahren scheitern bereits vor einem Volksentscheid an zu hohen Unterschriftenhürden, zu kurzen Sammelfristen, weil die Unterschriften nicht frei auf der Straße gesammelt werden dürfen oder weil viele Themen nicht zulässig sind.“

Während es im Saarland und Baden-Württemberg bisher kein einziges Verfahren über die erste Stufe hinaus geschafft hat, wird in Hamburg jedes halbe Jahr ein Verfahren gestartet. Alle 1,2 Jahre geht in der Hansestadt ein Volksbegehren in die zweite Sammelstufe und alle 2,7 Jahre findet ein Volksentscheid statt. Weit vorn im Länder-Vergleich liegt auch Bayern, wo mit insgesamt 50 Volksbegehren so viele eingeleitet wurden wie in keinem anderen Bundesland. Betrachtet man nur die vergangenen zehn Jahre, gehört außerdem Berlin zu den Spitzenreitern: In der Hauptstadt wird jedes halbe Jahr ein neues Verfahren eingeleitet, alle 1,3 Jahre kommt es zum Volksbegehren und alle zwei Jahre zu einem Volksentscheid.


Info-Grafik zum Ländervergleich und Presse-Info zum Volksbegehrensbericht:
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