In derselben Sitzung wird ein Reformvorschlag von CDU und FDP in erster Lesung behandelt. „Was die Regierungskoalition vorhat, ist Augenwischerei. Sie will das Quorum beim Volksentscheid senken, das unüberwindbare Quorum beim vorgeschalteten Volksbegehren soll aber bleiben. Das ist, als würde man ein Haus bauen, das aber leider keine Tür hat, um hineinzukommen“, sagt Ralf-Uwe Beck, Vorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie. „Wir fordern die Regierungskoalition auf, nicht länger auf der Bremse zu stehen und endlich den Weg frei zu machen für echte Reformen. Baden-Württemberg ist in Sachen direkter Demokratie eines der Schlusslichter im bundesweiten Vergleich. CDU und FDP sind in der Pflicht, ihren Beitrag zu leisten, um Baden-Württemberg aus dem Demokratie-Tief zu holen.“ Für ein erfolgreiches Volksbegehren müssen in Baden-Württemberg innerhalb von 14 Tagen 1,27 Millionen Wahlberechtigte auf dem Amt unterschreiben (16,6 Prozent). Diese Hürde hat bisher keine Initiative übersprungen. Folglich gab es auch noch nie einen von Bürgern initiierten Volksentscheid. Mit diesen Regelungen belegt Baden-Württemberg in einem wissenschaftlichen Volksentscheids-Ranking von Mehr Demokratie zur Bewertung der direktdemokratischen Mitbestimmungsrechte den vorletzten Platz unter den Bundesländern. Nur im Saarland sind die Regelungen für die Volksgesetzgebung restriktiver. Hier wird jedoch bereits über eine weitgehende Reform verhandelt. Kommt diese zustande, würde Baden-Württemberg im Volksentscheids-Ranking auf den letzten Platz abrutschen. Dies könnte die von SPD und Grünen vorgeschlagene Reform verhindern. Der am kommenden Donnerstag zur Abstimmung stehende rot-grüne Gesetzentwurf sieht vor, das Unterschriftenquorum beim Volksbegehren von 16,6 auf fünf Prozent zu senken. Statt 1,27 Millionen müssten künftig nur noch 400.000 Wahlberechtigte ein Volksbegehren unterzeichnen. Zudem sollen Bürger für eine Unterschrift nicht mehr aufs Amt müssen, sondern auch außerhalb von Amtsräumen, beispielsweise auf der Straße, unterschreiben dürfen. Die Frist zur Sammlung der Unterschriften soll von 14 Tagen auf sechs Monate verlängert werden. „Mit einer solchen Regelung könnte aus dem Papiertiger Volksentscheid in Baden-Württemberg endlich ein anwendbares Instrument der Mitbestimmung werden. Das würde uns Baden-Württembergern gut tun. Patt-Situationen wie Stuttgart 21 ließen sich dann mit einem Volksentscheid auf friedliche Weise und mit langjähriger Stabilitätsgarantie lösen“, sagt Reinhard Hackl, Sprecher von Mehr Demokratie Baden-Württemberg.