Bundesweiter Volksbegehrensbericht: direkte Demokratie auf kommunaler Ebene wird immer dynamischer

Baden-Württemberg: Unnötige Fristsetzung immer noch mit häufigster Grund für das Scheitern von Bürgerbegehren

In mittlerweile 5.929 Fällen hat die direkte Demokratie die Politik in Deutschlands Gemeinden beeinflusst: 5.027 Bürgerbegehren wurden durch Initiativen aus der Bevölkerung angestoßen, in 810 Fällen initiierte der Gemeinderat sogenannte Ratsreferenden, in 2.806 Bürgerentscheiden wurde über eine Sachfrage abgestimmt. Das ergibt der Bürgerbegehrensbericht 2012, den der Verein Mehr Demokratie gemeinsam mit Forschungsstellen zur Bürgerbeteiligung an den Universitäten Wuppertal und Marburg für den Zeitraum 1956- 2011 erstellt hat. Bürgerbegehren und -entscheide werden demnach immer intensiver genutzt. Allein in den Jahren 2008- 2011 ist ein Zuwachs von 35 Prozent zu verzeichnen.


„Direkte Demokratie funktioniert besonders gut, wenn sie nahe an den Bürgern stattfindet. Werden sie zur Abstimmung in ihrer Gemeinde aufgefordert, nehmen durchschnittlich knapp 50 Prozent der Bürger teil, was ein sehr guter Wert ist“, erklärt Edgar Wunder, vom Landesvorstand Mehr Demokratie in Baden-Württemberg. In knapp 40 Prozent der Fälle haben die Bürger das Begehren dann im Sinne der Initiatoren entschieden.


„Besonders bitter für alle Beteiligten ist es, wenn ein Entscheid stattfindet, dieser dann jedoch unecht scheitert: eine Mehrheit hat sich dann für das Begehren ausgesprochen, die Abstimmung ist aber dennoch ungültig, weil das geltende Quorum nicht erreicht wurde. Dies war bundesweit bei über 13 Prozent der Begehren der Fall und Baden-Württemberg liegt mit 19,9 Prozent sogar noch über diesem Schnitt“, so Wunder. Seit der Absenkung des Zustimmungsquorums 2005 von 30 auf 25 Prozent hat sich dieser Wert nur auf 18,52 Prozent verbessert.


Doch noch bevor es zu einem Entscheid kam, scheiterten 27 Prozent der volksinitiierten Begehren an unterschiedlichsten Hürden wie Themenausschlüssen, spezielle Anforderungen wie dem Kostendeckungsvorschlag oder kurzen Fristen. In Baden-Württemberg wurden ganze 39,3 Prozent der Begehren unzulässig erklärt, seit der Reform 2005 immer noch 27,61 Prozent.

Daran trägt im Ländle vor allem die 6-Wochen-Frist Schuld, innerhalb der ein Bürgerbegehren nach der Veröffentlichung eines Gemeinderatbeschlusses eingereicht werden muss. 21 Prozent der Begehren scheiterten an ihr. „Eine solche Frist ist in der Realität völlig unpraktikabel. Die Bürger erfahren oft erst zu einem viel späteren Zeitpunkt die notwendigen Details, um sich für oder gegen ein Projekt engagieren zu können. Eine bloße Verlängerung der Frist, wie von der Landesregierung geplant, schafft hier keine Abhilfe. Eine Streichung der ohnehin sachlich nicht begründbaren Frist ist daher unsere dringende Empfehlung“, mahnt Wunder an.


Neben der Frist und der viele Initiativen überfordernden Anforderung einen detaillierten Kostendeckungsvorschlag vorzulegen, ist der Ausschluss des Themas Bauleitplanung ein Hauptgrund für Unzulässigkeit. Obwohl bundesweit 43,2 Prozent aller Begehren mit der Bauleitplanung zusammenhängen, ist Baden-Württemberg eines von 7 Bundesländern, dass seinen Bürgern Entscheide zu diesem Thema verwehrt. „ Auch wenn ein Bebauungsplanverfahren läuft, muss es Bürgern möglich sein, einen Entscheid für oder gegen diesen herbeizuführen. Gerade wenn es um die konkrete Gestaltung ihrer Lebensumwelt geht, wollen und sollten die Bürger mitbestimmen können“, bekräftigt Wunder.


„Die Streichung der Frist und des Kostendeckungsvorschlages, sowie die Zulässigkeit der Bauleitplanung sind daher die Mindestreformmaßnahmen, die wir von einer Regierung erwarten, die sich selbst zur Bürgerregierung ernannt und versprochen hat Baden-Württemberg zum Vorbild in Sachen Mitbestimmung zu machen“, schließt Wunder.



Reformvorschläge zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheid von Mehr Demokratie e.V. unter:

<link http: www.mitentscheiden.de>www.mitentscheiden.de/8826.html

 

Den vollständigen Bürgerbegehrensbericht können Sie <link http: www.mehr-demokratie.de fileadmin pdf external-link-new-window external link in new>hier herunterladen.

 

Eine Übersicht zu den wichtigsten Ergebnissen <link http: www.mehr-demokratie.de bb-bericht2012.html external-link-new-window external link in new>hier.