Geplante Reform der Gemeindeordnung in Baden-Württemberg: Mehr Demokratie e.V. legt Gutachten vor

Fachverband will aktive Rolle des Gemeinderats bei Bürgerentscheiden

Zur geplanten Reform der Gemeindeordnung in Baden-Württemberg präsentierte der Verein Mehr Demokratie am 18. Juli bei einer Landespressekonferenz in Stuttgart ein kritisches Fachgutachten zum Eckpunkte-Katalog der Landesregierung. Die 30-seitige Stellungnahme evaluiert die geplanten Neuregelungen zu Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden, Bürgerversammlungen und Bürgeranträgen, sowie zu den Rechten von Gemeinderäten und der Transparenz kommunaler Gremien.


„Von gut bis mangelhaft ist alles dabei“, bilanziert Vorstandsmitglied Reinhard Hackl die Ergebnisse des Gutachtens. Der Fachverband wünscht sich Nachbesserungen bei einigen Punkten und unterbreitet in seinem Gutachten Verbesserungsvorschläge. „Ein Gemeinderat sollte bei einem Bürgerbegehren auch einen eigenen Kompromissvorschlag mit zur Abstimmung stellen dürfen, und er sollte mit einfacher Gemeinderatsmehrheit einen Bürgerentscheid selbst einleiten können“, wünscht sich Hackl nach dem Vorbild der in Bayern bereits bewährten Regelungen. In Baden-Württemberg ist beides bislang nicht möglich.


Massiv ist die Kritik beim Bürgerantrag, mit dem die Bürger – in der Theorie – ein Thema auf die Tagesordnung des Gemeinderates setzen können. Das Instrument wird jedoch in Baden-Württemberg aufgrund der hohen Hürden so gut wie nicht genutzt. Die Regierungskoalition beabsichtigt nun eine Umbenennung in „Einwohnerantrag“, verbunden mit einer leichten Erhöhung der dafür notwendigen Unterschriftenzahl. „Das geht gar nicht bei einer Regierung, die sich mehr Bürgerfreundlichkeit auf die Fahnen geschrieben hat“, kritisiert Hackl. Die Zahl der zur Zulassung notwendigen Unterschriften müsse gesenkt, nicht erhöht werden.


Positiv bewertet das Gutachten die Neuregelungen zur verbesserten Transparenz, Jugendbeteiligung und der Sicherstellung von Fraktionsrechten im Gemeinderat. Diese führten auch im Vergleich zu anderen Bundesländern zu einem guten Standard. Als Ergänzung empfiehlt das Gutachten, dass die zur Bildung einer Fraktion notwendige Zahl von Gemeinderäten einheitlich festgelegt wird, in Abhängigkeit von der Gemeindegröße. So können z.B. in Sachsen-Anhalt landesweit in Gremien bis zu 50 Mitgliedern zwei Gemeinderäte eine Fraktion bilden, in größeren Gremien sind drei Gemeinderäte notwendig.

 

Neben einer raschen Einbringung des Gesetzentwurfes zur Gemeindeordnung fehle jetzt noch die Vorlage für die Verfassungsänderung zur Erleichterung von Volksbegehren auf Landesebene. Hier drängt Mehr Demokratie e.V. zur Eile, damit die Verfassungsänderung nicht in den beginnenden Landtagswahlkampf hineingezogen und dadurch möglicherweise gefährdet wird.



Das vollständige Gutachten können Sie hier einsehen: www.mitentscheiden.de/gutachten_gemo_reform.html