Das Ergebnis der Volksabstimmung über das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 steht fest: Eine Mehrheit hat sich gegen den Ausstieg des Landes aus der Finanzierung des Bahnprojektes ausgesprochen.
Der Verein Mehr Demokratie wertet die hohe Wahlbeteiligung bei der Volksabstimmung auch als Erfolg für die direkte Demokratie und als explizit geäußerten Wunsch der Baden-Württemberger nach mehr Mitbestimmung. Die Reformen der Verfahren der Mitbestimmung müssen nun zügig in Angriff genommen werden.
„Für eine einzelne Sachfrage ist eine Wahlbeteiligung von 48,3 sehr hoch. Sie liegt deutlich über dem Durchschnitt der Beteiligungen an Volksabstimmungen von rund 38 Prozent“, erklärt Reinhard Hackl, Vorstandsmitglied des Vereins Mehr Demokratie. „Dass so viele Bürgerinnen und Bürger abgestimmt haben, zeigt, dass die direkte Demokratie akzeptiert und gewünscht ist. Obwohl die Thematik komplex ist und die Faktenlage nicht eindeutig, haben viele Menschen Interesse gezeigt und sich eine eigene Meinung gebildet.“
Die Volksabstimmung zum Ausstieg des Landes aus den Finanzierungsvereinbarungen ist ein bisher deutschlandweit einmaliger Fall. Sie kam zustande, weil sich die Regierung innerhalb der eigenen Koalition auf keine gemeinsame Position zum Bau des Tiefbahnhofs einigen konnte. „Die Bürger und Bürgerinnen Baden-Württembergs haben die Verantwortung für die Entscheidung übernommen und für eine zusätzliche Legitimation gesorgt“, so Hackl „Wir hoffen, dass die hohe Beteiligung dazu führt, dass die Volksabstimmung eine befriedende Wirkung zeigt.“
„Notwendige Reformen dürfen jetzt jedoch nicht auf die lange Bank geschoben werden“, mahnt Hackl. Quoren schädigen die positive Wirkung der direkten Demokratie. Abstimmungsergebnisse können verzerrt werden und im Falle des unechten Scheiterns (eine Mehrheit wird zwar erreicht, das Quorum aber verfehlt) setzt sich eine Minderheit der Abstimmenden gegen eine Mehrheit durch, argumentiert Hackl. Ein so hohes Quorum wie in Baden-Württemberg existiert sonst nur noch im Saarland und in Mecklenburg-Vorpommern. Mehr Demokratie fordert, dass das Zustimmungsquorum bei einfachen Gesetzen abgeschafft und bei Verfassungsänderungen gesenkt werden soll. Dies habe die grün-rote Regierung im Koalitionsvertrag zugesagt. „Auch die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP sollten unter dem Eindruck des Volksentscheids jetzt einschwenken und mithelfen die Verfahren der direkten Demokratie zu erleichtern“, so Hackl.