Reform des Kommunalwahlrechts: Mutlos und wenig innovativ

Mehr Demokratie e.V. kritisiert Pläne der Landesregierung

Mehr Demokratie e.V. Baden-Württemberg kritisiert die von der Landesregierung geplante Reform des Kommunalwahlrechts als mutlos, wenig innovativ und in einem Punkt sogar rückschrittlich.


Das am 7. März erstmals im Landtag behandelte Reformpaket sieht u.a. vor, dass bei Kreistagswahlen Bewerber zukünftig nur noch in einem einzigen Wahlkreis antreten dürfen. Bislang war die Kandidatur in zwei Wahlkreisen zulässig. „Das behindert kleinere Parteien massiv, die nicht flächendeckend in allen Wahlkreisen über ausreichend viele Kandidaten verfügen“, erklärte Edgar Wunder für den Landesvorstand von Mehr Demokratie. Es sei sehr bedauerlich, dass die erste Wahlrechtsreform der grün-roten Landesregierung ausgerechnet darauf abziele, die Wahlchancen kleinerer Parteien zu beschneiden. Zumal gleichzeitig nichts gegen das bestehende Problem von unausgeglichenen Überhangmandaten bei Kreistagswahlen getan werde, was die jeweils größten Parteien in unangemessener Weise bevorzugt. So habe bei der letzten Kommunalwahl beispielsweise im Kreistag des Rhein-Neckar-Kreises die CDU vier unausgeglichene Überhangmandate erhalten, die ihr gemessen an ihrem Stimmenanteil eigentlich gar nicht zustünden. „Der Wählerwille wird dadurch verzerrt“, kritisiert Mehr Demokratie. Es sei erstaunlich, dass die Landesregierung hier offenbar keinen Handlungsbedarf sehe, sondern stattdessen die Wahlchancen kleinerer Parteien beschneiden wolle.


Positiv sieht der Fachverband die geplante Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre sowie die Ersetzung des d’Hondt-Sitzzuteilungsverfahrens durch ein mehr Fairness versprechendes System. „Das sind allerdings Maßnahmen, die lediglich die Entwicklung in den meisten anderen Bundesländern nachvollziehen, keine wirklichen Innovationen“, erklärte Wunder. So wurde das d’Hondt-Verfahren bereits in 13 der 15 anderen Bundesländer abgeschafft. Das Wahlalter bei Kommunalwahlen wurde bereits 1996 in Niedersachsen auf 16 Jahre abgesenkt, ebenso seitdem in sechs weiteren Bundesländern.


„Fehlende Innovationsbereitschaft“ müsse sich die Landesregierung bei anderen zentralen Themen des Kommunalwahlrechts vorhalten lassen. Dazu zählt u.a. die im Koalitionsvertrag „befürwortete“, aber zur Kommunalwahl 2014 dann doch immer noch nicht umgesetzte Direktwahl der Regionalräte in Regionalversammlungen (seit 1994 nur in der Region Stuttgart möglich). Überfällig sei auch eine Reform des Systems von Kumulieren und Panaschieren nach dem Vorbild z.B. von Rheinland-Pfalz oder Hessen, um bei nicht vollständig besetzten Wahllisten eine unfaire Benachteiligung kleinerer Parteien und Wählervereinigungen zu vermeiden. „Wir wünschen uns, dass die Landesregierung mehr Mut und Innovation zeigt und sich diesen für die Fortentwicklung der Demokratie wichtigen Themenfeldern zuwendet“, so Mehr Demokratie e.V.