Volksabstimmungen sind in Baden-Württemberg jetzt wählbar. Möglich macht das eine am Mittwoch, den 23. Februar online gegangene Kandidatenbefragung der Initiative „Mehr Demokratie“ zur Landtagswahl am 27. März. Unter www.mitentscheiden.de/mdcheck.html geben bereits 291 Direktkandidaten Auskunft über ihre Haltung zur direkten Demokratie. „Mit dieser Aktion ermöglichen wir es den Bürgern, gezielt die Politiker und Parteien zu wählen, die sich für praktikable direktdemokratische Verfahrensregeln einsetzen wollen“, erklärte Reinhard Hackl, Mitglied im Landesvorstand von Mehr Demokratie.
Rund 60 Prozent der angeschriebenen Kandidaten haben auf die acht Fragen der Initiative zu Bürgerentscheiden in den Gemeinden und zu Volksabstimmungen auf Landesebene geantwortet. Die besten Antwortquoten haben dabei die „Piraten“ mit 85,7 Prozent, dicht gefolgt von den Grünen mit 82,9 Prozent, vor den Linken mit 75,7 und der SPD mit 71,4 Prozent. Im Rückstand sind die Kandidaten der Regierungskoalition: Von der FDP haben bislang 44,3 Prozent und von der CDU erst 30 Prozent der Kandidaten die Fragen beantwortet.
Zum schnellen Überblick hat die Initiative für die Antworten der Kandidaten auch Schulnoten zwischen 1 und 6 vergeben. Nur wer zu allen acht Fragen eine echte Verbesserung für die Bürgerinnen und Bürger verweigert, muss mit einem "ungenügend" rechnen, der Note 6. Für den Wähler sind insbesondere die Nuancen der einzelnen Kandidaten interessant: „Wo weichen die Kandidaten von der offiziellen Parteilinie ab, wo wollen sie mehr Bürgerbeteiligung?“
Damit es in Baden-Württemberg zu einer Volksabstimmung auf Landesebene kommt, müssen bisher ein Sechstel der Stimmberechtigten, rund 1,27 Mio. Bürger, den Gesetzentwurf eines Volksbegehrens mit ihrer Unterschrift unterstützen. Die notwendigen Unterschriften müssen in zwei Wochen beisammen sein. Eintragen können sich die Bürger dabei nur in den Rathäusern. Wegen dieser 1974 eingeführten hohen Hürden hat es in Baden-Württemberg im Gegensatz zu fast allen anderen Bundesländern seitdem noch kein Volksbegehren, geschweige denn eine Volksabstimmung gegeben.
„Wir wollen, dass Unterschriften auch an Infoständen und bei Veranstaltungen gesammelt werden können“, fordert Hackl. Außerdem solle das Unterschriftenquorum auf fünf Prozent abgesenkt und die Eintragungsfrist auf sechs Monate ausgedehnt werden. Wie bei Wahlen soll bei Volksabstimmungen in Zukunft die Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheiden. Aktuell muss diese Mehrheit gleichzeitig mindestens ein Drittel aller Stimmberechtigten ausmachen. Rund 2,54 Mio. Baden-Württemberger müssten also dem Gesetzentwurf eines Volksbegehrens zustimmen, damit die Volksabstimmung gültig ist.
In anderen Bundesländern sind die Vorschläge von Mehr Demokratie bereits in Teilen Wirklichkeit. So gibt es bei Volksbegehren in acht Bundesländern die freie Unterschriftensammlung. In Brandenburg liegt die Unterschriftenhürde bei rund vier Prozent, in Schleswig-Holstein bei fünf Prozent. In Bayern, Hessen und Sachsen gibt es bei Volksentscheiden über einfache Gesetze keine Abstimmungshürde.